NSU-Prozess


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134. Verhandlungstag Alles nur eine Verwechslung?

Ein mutmaßlicher NSU-Unterstützer hat am 134. Verhandlungstag als Zeuge ausgesagt, er habe Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gar nicht gekannt. Derweil wurde bekannt, dass der Vorsitzende Richter Manfred Götzl Verhandlungstermine bis Mitte 2015 festgelegt hat. Das lässt aber keine Rückschlüsse auf die Prozessdauer zu.

Stand: 05.08.2014 | Archiv

links: Uwe Mundlos; rechts: Uwe Böhnhardt | Bild: Montage: BR; picture-alliance/dpa

Der Zeuge Jürgen L. war nach München geladen worden, da ihm die Anklage vorwirft, an der Beschaffung der Ceska-Pistole beteiligt gewesen zu sein. Mit dieser Waffe waren neun der zehn mutmaßlichen NSU-Opfer ermordet worden. Belastet hatte den Zeugen der Betreiber eines rechtsradikalen Szeneladens in Jena. Vor Gericht beteuerte Jürgen L. nun, dies stimme nicht. Der Zeuge räumte zwar ein, den Geschäftsmann zu kennen, behauptete aber, nie über die Waffe mit ihm gesprochen zu haben: "Das war kein Gesprächsthema." Er könne sich nicht erklären, warum sein Name damit in Verbindung gebracht werde, so Jürgen L., es müsse sich um eine Verwechslung handeln.

Bizarre Antworten

Nachfragen von Richter und Nebenklägern erbrachten bisweilen bizarre Antworten. Auf die Frage, ob er Leute mit Waffen kenne, antwortete Jürgen L.: Er kenne viele Leute, die Messer besäßen, "in der Küche, 15 Stück, ist doch Wahnsinn". Dass auf einer seiner Computerfestplatten Nazi-Musik und Anleitungen zur Sprengstoffherstellung gefunden wurden, erklärte der Mann so: Er habe für Bekannte Daten gesichert und vergessen, diese von seiner eigenen Platte zu löschen. Zum Fund einer Sturmhaube in seinem Auto meinte er, die benutze er manchmal zum Fahrradfahren, "das sieht schon verschärft aus".

"Ich bin links und rechts"

Der Zeuge bestritt außerdem, die Angeklagten oder Personen aus ihrem näheren Umfeld zu kennen. Auch die mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt und Mundlos habe er nie bewusst erlebt. Nur an den als Unterstützer angeklagten Ralf Wohlleben könne er sich flüchtig erinnern. Zudem habe er einen Mann aus der Szene kennengelernt, mit dem er vorübergehend gemeinsam im Gefängnis saß. Seine politische Überzeugung beschrieb er so: "Ich bin links und rechts, wollen wir mal so sagen." Ein Foto, das ihn auf einer rechtsradikalen Demonstration zeigte, kommentierte er mit der Aussage, da sei er nur eine Stunde gewesen und dann zu einer linken Demo gegangen. Mit der T-Shirt-Parole "Nationaler Widerstand" eines seiner Mitdemonstranten konfrontiert, sagte er: "Für mich ist das alles Spaß."

Wann Prozessende? Alles reine Spekulation

Inzwischen hat der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München an die Prozessbeteiligten eine Terminliste für 2015 verschickt. Dort sind 57 Verhandlungstage eingetragen, als letzter ist der 30. Juni genannt. Der Vorsitzende Richter betonte allerdings in dem Vermerk, es werde "erwogen", die Hauptverhandlung im ersten Halbjahr 2015 an den genannten Tagen fortzusetzen.

In diversen Medien wurde nach Bekanntwerden der Liste bereits spekuliert, der NSU-Prozess werde bis Mitte 2015 dauern. Doch ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt meint zu der Terminfestlegung: "Es ist eine Formalie, die in diesen Wochen zu erwarten war - weil Termine in solchen Umfangsverfahren in der Regel sechs Monate im Voraus bekannt gegeben werden, damit sich die Beteiligten darauf einstellen können - und niemand plötzliche Terminkollisionen geltend machen kann. Zudem müssen Justiz und Polizei planen. Natürlich kann es auch anders kommen. Aber die Mühlen der Justiz mahlen langsam und gehen auf Nummer sicher. Deswegen bedeuten diese Termine schlicht: gar nichts!" Laut Schmidt kann der Prozess genauso gut schon im Frühjahr 2015 zu Ende sein oder im Sommer - oder auch erst 2016.


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