NSU-Prozess


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109. Tag im NSU-Prozess "Nicht die typische Szenebraut"

Das Oberlandesgericht München beschäftigte sich am 109. Verhandlungstag mit den Kontakten des NSU-Trios nach Sachsen. Ein BKA-Ermittler berichtete über die Vernehmung des Neonazis Thomas S., einer Schlüsselfigur der Neonazi-Szene.

Stand: 29.04.2014 | Archiv

Mandy S. nimmt heute erneut auf dem Zeugenstuhl im NSU-Prozess platz. | Bild: dpa-Bildfunk

Ein BKA-Ermittler hat die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe als "verschlossen" geschildert. Aber "bei politischen Themen sei sie munter geworden", sagte der Fahnder. Er berichtete von der Vernehmung des wegen Körperverletzung und Volksverhetzung verurteilten Chemnitzer Neonazis Thomas S. Der habe damals gesagt, Zschäpe haben ihn im Gefängnis besucht und bei einer Party 1996 habe es dann zwischen ihm und ihr "gefunkt".

"An Beate hatte mich gereizt, dass sie anders war, sie war nicht die typische Szenebraut."

Aus dem Vernehmungsprotokoll des verurteilten Neonazis

Allerdings habe Zschäpe, so der Ermittler, ständig Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt um sich gehabt und sei an einer langfristigen Beziehung nicht interessiert gewesen. S. habe das "Techtelmechtel" darum im April 1997 beendet, berichtete der Ermittler weiter von der Vernehmung. Der frühere Skinhead-Anführer habe außerdem eingeräumt, Mundlos Sprengstoff besorgt zu haben, sagte der Polizist. S. habe aber bestritten, das Trio nach dem Untertauchen unterstützt zu haben. Inzwischen sei er aus der Szene ausgestiegen.

Thomas S.: Eine der Schlüsselfiguren der Neonazi-Szene

Nach den Erkenntnissen der Ermittler gehört er in das Umfeld der verbotenen Organisation "Blood and Honour" und die "Weiße Bruderschaft Erzgebirge". In Chemnitz gehörte er zur militanten Skinhead-Gruppierung "88er". Außerdem war er einer der Organisatoren der rechtsradikalen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene". Er soll bei der Formierung des "Nationalsozialistischen Untergrunds" um Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine wichtige Rolle gespielt haben.

Frühere Nachbarin soll in Pflegeheim befragt werden

Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl sagte am Rande der Verhandlung, das Gericht habe die Vernehmung einer früheren Nachbarin des NSU-Trios in ihrem Pflegeheim in Zwickau beschlossen. Gerichtssprecherin Andrea Titz bestätigte dies. Die inzwischen 92 Jahre alte, ehemalige Nachbarin wohnte Wand an Wand neben Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und wurde von Verwandten gerettet, als vermutlich Zschäpe die Wohnung des Trios in Brand gesteckt hatte. Das Gericht will von der Frau wissen, ob Zschäpe nach Brandausbruch bei der Nachbarin geklingelt oder sie möglicherweise in Mordabsicht ihrem Schicksal überlassen habe.

Die Münchner Richter wollten nicht selber nach Zwickau reisen, sagte Stahl, sondern einen Amtsrichter vor Ort mit der Befragung betrauen. Zschäpes Verteidiger seien mit dabei. Das Protokoll der Befragung solle dann als Urkundsbeweis in den Prozess eingeführt werden. Der Zeitpunkt der Befragung sei noch offen. Vom Oberlandesgericht war dazu bisher keine Stellungnahme zu erhalten. Die Zeugin soll unter Demenz leiden. Sie war schon einmal per Videoschaltung mit dem Münchner Gericht verbunden, konnte den Fragen des Richters aber kaum folgen. Die Videovernehmung war darum nach wenigen Minuten abgebrochen worden.


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