NSU-Prozess


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108. Tag im NSU-Prozess Gedächtnislücken und eine überraschende Antwort

"Sind Sie schon einmal wegen einer Falschaussage verurteilt worden?", fragte der Richter den einzigen Zeugen des 108. Verhandlungstages. Der Böhnhardt-Jugendfreund lieferte eine überraschende Antwort, gab sich sonst aber wortkarg.

Stand: 28.04.2014 | Archiv

NSU-Prozess: Zeuge Enrico T. | Bild: dpa-Bildfunk

Am 108. Verhandlungstag war als einziger Zeuge Enrico T. geladen. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass der Mann die Mordwaffe vom Typ Ceska von einem Schweizer Staatsbürger erhalten und nach Deutschland gebracht hat. Anschließend soll er sie an einen anderen Bekannten weitergereicht haben. Über weitere Stationen soll sie zum NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gelangt sein.

Zähe Vernehmung

Wieder einmal verlief die Befragung eines Zeugen, der Kontakt zum früheren NSU-Umfeld hatte, äußerst zäh. Immer wieder machte Enrico T. Gedächtnislücken geltend. Er bezeichnete den Schweizer als Freund, den er ein- bis zweimal jährlich in der Schweiz besuche. Zuletzt habe er im Februar 2014 einen dreiwöchigen Urlaub mit ihm in Thailand verbracht. "Was haben Sie da besprochen?", erkundigte sich der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Dass er ständig zu Verhören und zum Gericht müsse, antwortete der Zeuge. "Was sonst?", insistierte der Richter. Der Zeuge antwortet: "Gar nichts. Der blockt da ab. Der redet da nicht mehr drüber." Er selbst habe auch nicht weiter nachgefragt.

Dass der Schweizer die Ceska gehandelt haben soll, wisse Enrico T. nur "aus dem Internet". "Und dann verbringen Sie mit dem ihren Urlaub und fragen ihn nicht?", warf Götzl verärgert ein.

"Sind Sie schon mal wegen einer Falschaussage verurteilt worden?"

Vorsitzender Richter Manfred Götzl

"Ja."

Zeuge Enrico T.

Zeuge bestreitet Beschaffung der Mordwaffe

Nach diesem überraschenden "Ja" wollte sich der Zeuge aber nicht mehr daran erinnern, worum es dabei ging. Erst nach zahlreichen Nachfragen räumte er ein, sich mit dem Schweizer über die Ermittlungen ausgetauscht zu haben. Die beiden hätten sich gegenseitig Unterlagen und Durchsuchungsbeschlüsse gezeigt. Er habe auch gewusst, dass der Schweizer wegen der Ceska-Pistole und der "Dönermorde" vorübergehend in der Schweiz in Untersuchungshaft gesessen habe. Mehrfach bestritt der Zeuge, mit der Beschaffung der NSU-Mordwaffe etwas zu tun gehabt zu haben. Die Ceska-Pistole gilt den Ermittlern als zentrales Beweisstück, weil sie bei allen neun Mordanschlägen gegen Opfer mit Migrationshintergrund benutzt wurde. Das Gericht kündigte an, den Zeugen erneut vorzuladen. Zwei frühere Vernehmungen mit ihm im Februar und März 2014 waren geplatzt.

Kumpel von früher

"Ich frag' mich, wie ich da reinrutschen konnte", sagte Enrico T. vor Gericht. In einem Polizeiverhör, das Richter Götzl ihm vorhielt, hatte er dazu gesagt, er habe nach dem Auffliegen des NSU-Trios im November 2011 damit gerechnet, ins Visier der Ermittler zu geraten, weil er aus seiner Schulzeit Uwe Böhnhardt kannte. Er habe mit Böhnhardt aber nur etwa ein halbes Jahr zu tun gehabt und den Kontakt nach einem Streit abgebrochen. Laut Prozessakten sollen Enrico T. und Böhnhardt Anfang der 1990er-Jahre derselben Jugendbande in Jena angehört haben.


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Schlapphut, Montag, 28.April 2014, 16:05 Uhr

1. NSU Prozess

Mal den Verfassungsschutz, oder ihre V-Leute befragen. Die wissen bestimmt wie Knarre nach Deutschland kam. Den Fall nicht komplizierter machen als er ist.