NSU-Prozess


1

392. Verhandlungstag, 28.11.2017 Bombenanschlag Keupstraße: Opfer melden sich zu Wort

Bei dem schweren Bombenanschlag des NSU am 9.Juni 2004 in der Kölner Keupstraße wurden 22 Menschen teils schwer verletzt. Im Prozess machten zwei der Verletzten den Behörden heute massive Vorwürfe.

Von: Alf Meier

Stand: 28.11.2017 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

28 November

Dienstag, 28. November 2017

Mohamed A. sagt, dass er Glück gehabt habe. Glück weil ein großer Zimmermannsnagel seinen Kopf nur knapp verfehlt hätte. Bei dem Anschlag hatte der NSU eine Bombe, die mit rund 800 Zimmermannsnägeln präpariert war, verwendet. Die Kölner Keupstraße wird vor allem von türkischen Migranten bewohnt. Den Tätern sei es offensichtlich darauf angekommen, möglichst viele Personen zu töten und zu verletzen, sagte Anwalt Berthold Fresenius heute in seinem Plädoyer. Fresenius, der den Nebenkläger Mohamad A. vertritt, ist davon überzeugt, dass der NSU auch langfristig Angst unter Migranten verbreiten wollte. Der terroristische Charakter sei offenkundig gewesen.

Polizei ermittelte offenbar in falsche Richtung

Auch Mohamed A. sprach heute vor dem Oberlandesgericht. Er kritisierte, viele der Opfer in der Keupstraße seien von der Polizei zu Unrecht verdächtigt und unter Druck gesetzt worden. Man habe nicht Neonazis als Täter vermutet, sondern die Täter unter den Bewohnern der Straße selbst gesucht.

"Die Atmosphäre unter uns war so, dass ich trotz geplatzten Trommelfells nicht wagte, zu einem Arzt zu gehen, da ich dachte, der würde mich dann bei der Polizei melden."

Mohamed A.

Prägend für die Stimmung sei gewesen, dass der damalige Innenminister Otto Schily keine Anhaltspunkte für einen terroristischen Anschlag gesehen, sondern von Anhaltspunkten für eine Straftat von gewöhnlichen Kriminellen gesprochen habe.

"Da war klar, was wir zu erwarten haben."

 Mohamed A.

Auch Arif S. wurde bei dem Anschlag verletzt. Die Tat hat aus ihm einen anderen Menschen gemacht. S. war nach eigenen Worten nicht mehr in der Lage sich um seinen drei Jahre alten Sohn zu kümmern. Er hatte Schwierigkeiten mit seiner Frau zu sprechen, wachte Nachts schreiend auf.  Diese Furcht werden bleiben, sagte Arif S. Sie werde so lange bleiben, bis wirklich alle Täter, die mit dem Anschlag zu tun gehabt hätten, verurteilt seien.


1