NSU-Prozess


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344. Verhandlungstag, 8.2.2017 Und täglich grüßt das Murmeltier

Kennen Sie die amerikanische Filmkommödie von 1993 mit Bill Murray? Der lebt in einer Art Alptraum, sitzt quasi in einer Zeitschleife fest, und muss jeden Tag über dasselbe Ereignis berichten. An diese Situtaion fühlte ich mich heute im großen Münchner Schwurgerichtssaal erinnert.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 08.02.2017 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

08 Februar

Mittwoch, 08. Februar 2017

Zugegeben: Der NSU-Prozess in München ist nicht der Tag des Murmeltiers in der amerikanischen Kleinstadt Punxsutawney, den Wetteransager Phil Connors jeden Morgen aufs Neue durchleben muss. Aber abgesehen von diesem Unterschied: Haben wir nicht alles, was heute in der Verhandlung stattgefunden hat, in den letzten Tagen nicht schon wiederholt erlebt? Die Altverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl beantragen, dass Gutachter Henning Saß endlich seine über 700 seitigen Notizen rausrücken soll, die er während der zurückliegenden 343 Prozesstage gemacht hat. Und auf die er sein Gutachten stützt. Heute sogar der Antrag, notfalls müssten die in Aachen lagernden Papiere sogar beschlagnahmt werden.

Der Senatsvorsitzende Manfred Götzl hat aber schon gestern, oder vorgestern, oder gar letzte Woche - egal , es ist ja immer das gleiche Ritual - klar gemacht, dass dies aus Sicht des Staatsschutzsenates rechtlich nicht geboten sei. Doch argumentiert Wolfgang Heer. Nur so könne man sehen, ob der Sachverständige alle notierten Beobachtungen auch in sein Gutachten habe einfließen lassen. So geht das hin und her. Dazwischen wie gestern, vorgestern, letzte Woche zwischen Antrag, Kopieren, Stellungnahme und Entscheidung über Gegendarstellung und Antrag immer wieder Unterbrechung der Hauptverhandlung. Der Prozess kommt keinen Millimeter voran.

Wer erfährt im NSU-Prozess die Läuterung?

Die Pointe im Murmeltierfilm ist, dass Wetterreporter Conners quasi in die Zukunft schauen kann, weil er ja schon alles zigfach erlebt hat. Und im Laufe des Films aus einem zynischen Exzentriker zu einem guten, geläuterten Mensch wird. Der NSU-Prozess ist leider keine amerikanische Komödie, sondern die bittere Aufarbeitung einer beispiellosen Verbrechensserie in Deutschland. Und wirklich in die Zukunft sehen, können wir Reporter leider auch nicht. Aber, da bin ich mir ziemlich sicher: Die Verhandlung wird keinen der Prozessbeteiligten wirklich läutern. Und noch eines steht fest: Morgen geht es weiter. Würde mich sehr wundern, wenn der Streit um die Gutachternotizen nicht fortgesetzt würde.


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