NSU-Prozess


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NSU-Prozess Knapp an der Vereidigung vorbei?

Ein ehemaliges Mitglied der rechten Szene in Jena hat beträchtliche Erinnerungslücken, wenn es um seine politischen Gesinnung von damals geht. Richter Götzl macht aber deutlich: er nimmt ihm das nicht ab.

Von: Julian von Löwis

Stand: 16.09.2015 | Archiv

Die Angeklagte Beate Zschäpe (l) steht  im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München (Bayern) neben ihrem vierten Anwalt Mathias Grasel. | Bild: dpa-Bildfunk / Peter Kneffel

Der 38-Jährige aus Thüringen hatte die letzten Termine vor dem Münchner Oberlandesgericht immer wieder platzen lassen. Richter Manfred Götzl empfing den Zeugen heute schließlich mit den Worten: "Im fünften Anlauf hat es jetzt endlich geklappt."

Er war Anfang der 90er Jahre ein Gründungsmitglied der rechten  Jugendgruppe "Kameradschaft Jena", zusammen mit bekannten Namen wie Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos sowie den Angeklagten Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und Holger G.

Aus dem Dunstkreis der Kameradschaft Jena

Die Informationen des jungen Mannes könnten also einen wichtigen Baustein in diesem Indizien-Prozess liefern, denn aus dem Dunstkreis der Kameradschaft Jena entstand nach Ansicht der Anklage der Nationalsozialistische Untergrund (NSU), dem zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und mehrere Raubüberfälle vorgeworfen werden. Der Zeuge kannte die Szene bestens, war ein fester Teil der Clique um die Hauptangeklagte Zschäpe. Doch so richtig bereichert hat seine Aussage das Verfahren nicht. Zumindest bisher, denn der Thüringer muss Anfang Oktober noch einmal vor Gericht erscheinen, dann sind u.a. die Nebenklage-Vertreter mit ihren Fragen an der Reihe.

Szene-Zeuge mit Erinnerungslücken

"Wir waren keine Skins, sondern politische Aktivisten", meinte der 38-Jährige. Als es um seine persönliche politische Einstellung ging, da wusste der Thüringer plötzlich gar nichts mehr. Nicht besonders glaubwürdig für einen ehemaligen Sänger einer Neo Nazi-Band namens "Vergeltung", deren Texte er schrieb, befand auch Richter Götzl. Er ermahnte den Zeugen mehrfach, dass dies äußert plausibel sei. Immer wieder fallen Zeugen der rechten Szene mit besonders großen Erinnerungslücken auf. Der Ruf nach einer Vereidigung, die eine Art Exempel statuieren könnte, wurde zuletzt immer lauter. Ob es wirklich dazu kommt kann sich erst zeigen, wenn der Jugendfreund von Zschäpe und Co. aus dem Zeugenstand entlassen wird. Besonders wahrscheinlich ist es aber nicht.

"Böhnhardt der Mann für’s Grobe, Mundlos der geborene Nationalist"

Ende der 90er Jahre habe sich die Clique verändert, so der Zeuge. Das Trio Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos kapselte sich vom Rest der Gruppe ab.

"Da ging das los, als man die nur so in diesem Dreierpack gesehen hat. Und wenn man nicht so drauf war wie die, haben die sich  wie so eine Art Szenepolizei aufgespielt."

Zeuge im NSU-Prozess

Rädelsführer soll dabei vor allem Uwe Mundlos gewesen sein. Beate Zschäpe wiederum sei dem Zeugen nicht als besonders politisch aktiv aufgefallen: "wenn sie was gesagt hat dann waren es die Worte vom Mundlos". Doch sie wusste sich auch zu behaupten, so der Zeuge: "Sie hat schon was gesagt, wenn ihr was nicht gepasst hat."

Zur Aufklärung der alles entscheidenden Frage: "war Beate Zschäpe Mitläuferin oder Mittäterin?", kann dies, wenn überhaupt, nur als winzig kleines Puzzleteilchen beitragen. Doch am Ende wird es nicht um die Größe der Teilchen gehen, sondern darum, ob es genug sind, um ein revisionssicheres Urteil zu fällen.


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