NSU-Prozess


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212. Verhandlungstag, 23.06.2015 Zschäpe hat Zahnweh ... und schweigt

Am 212. Verhandlungstag muss Beate Zschäpe nur 90 Minuten zwischen ihren ungeliebten Pflichtverteidigern sitzen. Dann wird der Prozess abgebrochen - Zschäpe hat Zahnschmerzen.

Von: Tim Aßmann

Stand: 23.06.2015 | Archiv

Die Angeklagte Beate Zschäpe wird in München in den Verhandlungssaal für den NSU-Prozess im Oberlandesgericht geführt | Bild: picture-alliance/dpa

Vor Verhandlungsbeginn sind Zschäpe und ihre drei Anwälte erneut im Fokus der Prozessbeobachter. Als die Hauptangeklagte in den Gerichtssaal geführt wird, begrüßt sie ihre Verteidiger zumindest nicht so, dass es wahrnehmbar wäre. Zschäpe wechselt zunächst kein Wort mit den Juristen, die ihr eigentlich helfen sollen, und bleibt stehen, bis das Gericht den Raum betritt. Das Verhältnis wirkt auch im weiteren Verhandlungsverlauf unterkühlt. 

Entscheidung über Zschäpes Antrag vielleicht nicht mehr diese Woche

Die Hauptangeklagte hatte in einem Brief an das Gericht erklärt, sie "überlege, etwas auszusagen", fühle sich aber von ihren Pflichtverteidigern erpresst, die gedroht hätten, sie nicht mehr zu vertreten, falls sie Angaben im Prozess macht. Zschäpes Anwälte weisen diesen Vorwurf zurück. Das Gericht muss noch über Zschäpes Antrag, Verteidigerin Anja Sturm vom Mandat zu entbinden, entscheiden, wird dies aber voraussichtlich nicht mehr in dieser Woche tun. Zschäpes Anwälte äußerten sich am Rande des Prozesses nicht zum Streit mit ihrer Mandantin. 

"Ich hätte sterben können"

Erster und einziger Zeuge des Tages: ein 32 Jahre alter Finanzberater aus Chemnitz. Am 18. Dezember 1998 stand er vor einem Supermarkt in Chemnitz und wartete auf Freunde. Dabei fielen ihm zwei Personen auf, die im Eingangsbereich des Marktes auf irgendetwas zu warten schienen. Dann stürmte eine dritte Person aus dem Geschäft, alle drei flüchteten und der Zeuge lief ihnen hinterher. Er habe sich "nichts dabei gedacht", erinnerte er sich nun im Zeugenstand. Hinter dem Supermarkt drehte sich dann einer der Täter um und rief dem Verfolger zu: "Bleib stehen". Dann gab der Räuber drei Schüsse aus einer Handfeuerwaffe auf den jungen Mann ab. Eine Kugel habe er an seinem Kopf vorbei zischen gehört, schilderte er dem Gericht. Er ging dann in Deckung und blieb unverletzt. 

Auch eine Frau am Raub beteiligt?

In bisherigen Zeugenaussagen zu dem Überfall in Chemnitz war nur von zwei Tätern die Rede. Die Tat wird dem NSU zugerechnet. Im Schutt der Frühlingsstraße wurden Patronenhülsen gefunden, die mit der gleichen Waffe verschossen wurden, wie die Hülsen die nach dem Überfall auf den Supermarkt gefunden wurden. Unter den Tätern könnte nach den Angaben des heutigen Zeugen auch eine Frau gewesen sein. Wegen der Frau auf der Anklagebank wurde der Verhandlungstag dann kurz nach der Zeugenaussage beendet. Der Vorsitzende Richter teilte mit, Beate Zschäpe habe Zahnschmerzen.


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