NSU-Prozess


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167. Verhandlungstag, 03.12.2014 Antrag auf Haftentlassung und ein vermummter Zeuge

Erneut muss das Gericht im NSU-Prozess entscheiden, ob der mitangeklagte Ralf Wohlleben aus der U-Haft entlassen wird. Beherrscht wurde der 167. Verhandlungstag aber von einem vermummten Ex-V-Mann mit großen Erinnerungslücken.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 03.12.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

03 Dezember

Mittwoch, 03. Dezember 2014

Bereits zum zweiten Mal in dem nun seit eineinhalb Jahren dauernden NSU-Prozess haben heute die Verteidiger von Ralf Wohlleben beantragt, ihren Mandanten aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Ihr Argument: die bisherige Beweisaufnahme habe die Vorwürfe gegen ihren Mandanten, der Lieferant der bei neun von zehn NSU-Morden benutzten Ceska-Pistole gewesen zu sein, deutlich relativiert. Dem Gericht warfen die Verteidiger vor, mit der Behandlung von Nebenkriegsschauplätzen gegen das Beschleunigungsgebot in Prozessen zu verstoßen, bei denen Angeklagte in Untersuchungshaft sitzen. Über den Antrag wird vom Gericht nun in den kommenden Wochen entschieden.

Ein V-Mann namens Piatto

Wenig erhellend fiel heute die Befragung des Zeugen mit dem Tarnnamen „Piatto“ aus, eines ehemaligen V-Mannes des Verfassungsschutzes aus Brandenburg. Der spähte mit großzügiger Unterstützung seiner V-Mann-Führer die örtliche NPD genauso aus wie die Hardcore-Rechten der „Blood and honour“ Gruppierung.

 "Verrückt nach Waffen"

Die Haupangeklagte Beate Zschäpe will der heute 44-Jährige, der seit seiner Enttarnung unter Polizeischutz steht, nicht gekannt haben - auch nicht die beiden Uwes. Über die Ceska-Mordwaffe wusste der Aussteiger nichts zu berichten, wohl aber darüber, dass die ganze Neonazi-Szene in den neuen Bundesländern geradezu verrückt danach gewesen sei, in den Besitz von Gewehren und Pistolen zu kommen. Sein Fazit: “Die haben jeden Tag darüber geredet, wie man an Waffen kommt.“  Offensichtlich gingen die Rechten davon aus, das politische System der Bundesrepublik werde demnächst zusammenbrechen und man müsse sich für die dann anstehenden Bürgerkriegskämpfe aufrüsten. Glaubt man dem Zeugen "Piatto", fürchtete die besonders radikale "Blood and Honour"-Bewegung sogar, mit der Konkurrenz von den Hammer-Skins um die Macht ringen zu müssen.

Glaubwürdig oder nicht?

Ob der Neonazi nun der Szene aus eigener Überzeugung den Rücken kehrte, blieb offen. Sowohl Beate Zschäpes Verteidigung als auch die Anwälte von Ralf Wohlleben bemühten sich nach Kräften, den Zeugen als Opportunisten erscheinen zu lassen, der einfach aus dem Gefängnis rauskommen und das Geld des Verfassungsschutzes haben wollte - um dann die Szene auszuspähen. In dieselbe Kerbe werden wohl auch die Nebenklage-Anwälte schlagen , wenn "Piatto" noch einmal in den Zeugenstand muss.


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