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Foodsharing in Nürnberg Essen retten aus Leidenschaft

In Bayern landen jährlich 1,3 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Das möchte Ute Rummel so nicht hinnehmen. Die Rentnerin rettet Lebensmittel vor der Tonne und ist in Nürnberg regelmäßig auf Foodsharing-Tour.

Von: Anne Chebu

Stand: 18.01.2016

Ute Rummel (r.) und Christine Heuschmid stellen gerettete Ware ins "Fair-Teiler-Regal" | Bild: BR-Studio Franken/Anne Chebu

Vom Landwirt über Produzenten und Händler bis hin zum Konsumenten – es wird schnell weggeworfen, was nicht mehr als perfekte Ware gilt. Ob krumme Karotten oder abgelaufener Joghurt, beim Foodsharing wird alles gegessen, was noch gut ist. Ganz egal, was das Mindesthaltbarkeitsdatum sagt.

Die Organisation erfolgt online

In Nürnberg engagieren sich 140 Foodsaver, also Essensretter. Ute Rummel ist eine von ihnen. Die Rentnerin investiert viel Zeit und Benzingeld, um das Projekt zu unterstützen. Für sie ist es vor allem ein ethisches Thema, dass Nahrung nicht einfach weggeworfen werden kann. Außerdem freut sich die Rentnerin, im Foodsharing eine anspruchsvolle Beschäftigung gefunden zu haben. In der Nürnberger Region beteiligen sich über 50 Betriebe und bieten ihre Lebensmittel an. Die Abholungen und Weiterverteilungen sind genau geplant. Die ehrenamtlichen Helfer tragen sich online für unterschiedliche Aufgaben ein.

Der "Fair-Teiler" ist für alle da

Am "Fair-Teiler" vor dem Café Martha kann jeder beliebig viele Lebensmittel abgeben oder mitnehmen. Die Anlaufstelle für gerettetes Essen in der Marthastraße 35 in Nürnberg ist jederzeit öffentlich zugänglich. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.

Ute Rummel fährt zu einem Bio-Supermarkt nach Schwabach. Die Filialleiterin Janine Burkardt erwartet sie bereits. Produkte, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, dürfen nur mit besonderer Sorgfaltspflicht verkauft werden. Sie müssen geprüft und gekennzeichnet sein. Oft landen sie daher im Müll. Aber auch diese Praxis bedeutet mehr Arbeit für Supermärkte. Denn Joghurt oder Milch müssen aus der Verpackung geschüttet werden, damit der Müll getrennt werden kann.

Tofuwurst, Joghurt und Frühstücksflocken

Für Foodsaverin Ute Rummel geht es mit der Ladung weiter. Sie hat eine feste Route. Vegane Produkte fährt sie zwei Familien vorbei, den Rest – und das ist oft viel – bringt sie zu einem festen "Fair-Teiler", also einem öffentlich zugänglichen Platz. Dort stehen Regal und Kühlschrank und warten auf "frische" alte Ware. In Nürnberg steht der "Fair-Teiler" auf dem Bürgersteig vor dem Café Martha, einem kleinen Café in einem Mehrgenerationenhaus.

Das "Fair-Teiler-Regal" vor dem Café Martha.

Ute Rummel hat wieder mal einiges an gerettetem Essen dabei: 13 Flaschen Schwedenmilch, sieben große Frucht-Joghurts, Molke und Frühstückflocken. Eine weitere Foodsharerin bringt noch Brot und Tofuwürstchen. Kaum sind die Sachen eingeräumt, kommt eine junge Frau. Es regnet stark. Doch Nadja ist trotzdem gekommen – mit dem Fahrrad. Sie hatte Geburtstag und es sind Kuchenteig, Zwiebeln und Äpfel übrig geblieben. Dafür möchte sie sich Gemüse mitnehmen, findet aber keins und greift dafür bei einem Soja-Joghurt zu. Nadjas Lebensmittel sind nicht abgelaufen, aber angebrochen. Manche Verpackungen sind beim Foodsharing beschädigt und können deswegen nicht mehr im Supermarkt verkauft werden.

Damit beim Essen-Teilen nichts passiert, rät die Verbraucherschützerin Katja Wittmann zur Vorsicht: Geöffnete Lebensmittel sollten genau überprüft werden und von Joghurts mit eingerissenem Deckel sollten lieber die Finger gelassen werden. Foodsaverin Ute Rummel ist aber kein Fall bekannt, bei dem ihre Lebensmittel zu Problemen geführt hätten. Und falls doch mal etwas im Mülleimer landet – Ute ist stolz auf die vielen Lebensmittel, die sie schon gerettet hat.

Weitere Informationen

Auch das Bundesministerium für Ernährung setzt sich dafür ein, dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden. Die Initiative "Zu gut für die Tonne" bietet Informationen, wie Lebensmittel richtig eingekauft und gelagert werden sollten, damit möglichst wenig weggeworfen werden muss. Die Online-Plattform liefer außerdem kreative Rezepte fürs "Restekochen". Betriebe können sich beim Verein "United Against Waste" informieren, wie Lebensmittelabfälle reduziert werden können.


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miljakis, Mittwoch, 20.Januar 2016, 17:18 Uhr

2. den Wald vor lauter Bäume nicht sehen

Es war ja klar, dass sich der erste Schlaumayer an diesem Satz aufhängt! Es wird sehr oft so viel weggeworfen, dass man es nicht allein und zu Fuß transportieren kann (s.Bild 5).

Oberl, Montag, 18.Januar 2016, 19:25 Uhr

1. Ökobilanz

Schon auf Grund dieser Aussage aus dem Artikel: "Die Rentnerin investiert viel Zeit und Benzingeld, um das Projekt zu unterstützen", dürfte die Ökobilianz zu Ungunsten des Foodsharing ausfallen.

  • Antwort von qw, Dienstag, 19.Januar, 10:17 Uhr

    Die Dame könnte ja auch, laufend durch die Welt fliegen........ :)
    So hat sie für sich eine tolle Aufgabe gefunden, von der andere Menschen profitieren.
    Ich fahre meine Lebensmittel, welche die Urlaubszeit nicht überstehen würden, auch zur Tafel und ja, auch das tue ich mit dem Auto. Das kann man ja verbinden, wenn man z.B. sonstige Bersorgungen mit dem Auto machen muß. Immer noch besser als essbare Lebensmittel ganz bewußt weg zu werfen.