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Erbschaftssteuer-Reform Karlsruhe könnte selbst durchgreifen

Nachdem Bund und Länder die Reform der Erbschaftsteuer nicht rechtzeitig geschafft haben, befasst sich nun das Bundesverfassungsgericht noch einmal mit den umstrittenen Regeln.

Von: Charlie Grüneberg und Claudia Grimmer

Stand: 14.07.2016

Der Vorsitzende des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof | Bild: picture-alliance/dpa

Die Politik hat es nicht gechafft, sich auf eine Erschaftssteuer-Reform bis zum 30. Juni zu einigen. Jetzt hat der Vorsitzende Richter des Ersten Senats Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat geschrieben, dass er und seine Kollegen sich Ende September mit dem weiteren Vorgehen beschäftigen werden. Dann könnte das Bundesverfassungsgericht eine eigene Übergangsregelung in Kraft setzen.

FInanzminister Wolfgang Schäuble schweigt zum Thema

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzministerium

Nur eine knappe Stunde  nach der Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts trat in Berlin Bundesfinanzminister Schäuble vor die Medien. Die Reform der Erbschaftsteuer erwähnte er allerdings mit keinem Wort. Er hatte mit seinem amerikanischen Kollegen Lew über mögliche Folgen des britischen Austritts aus der Europäischen Union gesprochen und auch nur zu diesem Thema wurden Fragen zugelassen.

Im Bundesfinanzministerium, das wird am Rande deutlich, ist man einigermaßen überrascht über die Nachricht aus Karlsruhe. Schäuble hat aber auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die Zeit dränge und das Verfassungsgericht der Politik nur Zeit bis zum 30. Juni für eine Neuregelung gegeben hat.  

Lange Verhandlungen und kein Ergebnis

Vorsitzender Richtere des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof

Das Verfassungsgericht hatte im Dezember 2014 wesentliche Teile der bislang gültigen Steuervergünstigungen für Firmenerben gekippt und eine Frist für die Neuregelung bis Ende Juni dieses Jahres gesetzt. Dem damaligen Urteil zufolge dürfen kleinere und mittlere Familienunternehmen bei der Erbschaftssteuer zwar weiterhin vollständig entlastet werden, um ihre Existenz und Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Es ist aber demnach unzulässig, größere Unternehmen weiter ohne konkrete Bedürfnisprüfung von der Erbschaftssteuer zu verschonen. Dem Verfassungsgericht waren die Bedingungen für Erben eines Betriebes zu lasch. Sie wollten eine Verschärfung und strengere Prüfauflagen.

Anfang Juli erst beschloss dann der Bundestag einen Kompromiss der Reform, doch SPD, Grüne und auch Die Linke hielten auch die geänderten Regeln für verfassungswidrig. Am 8. Juli stoppte der Bundesrat das Papier und verwies es an den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Und dort liegt es bis jetzt. Die Beratungen werden sich voraussichtlich bis in den Herbst hinziehen.

Wenn nicht die Politik entscheidet, entscheiden die Richter

Erbschaftssteuererklärung

Auf die Konsequenzen, dass der Gesetzgeber Vorgaben aus Karlsruhe nicht erfüllt, hatte Verfassungshüter Michael Eichberger auf einem Symposium Anfang des Jahres in Hannover vor Steuerrechtsexperten hingewiesen. Demnach kann das Verfassungsgericht in einem solchen Fall grundsätzlich selbst Übergangsregelungen schaffen und im Wege eines sogenannten Vollstreckungsbeschlusses auch durchsetzen.


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