Einblicke in die Hooligan-Szene Droge Gewalt
Hooligans: Schlägereien, Pyrotechnik und Gewalt im Stadion - mit Fußball hat das nichts zu tun. Die meisten Prügeleien finden aber abseits der Spiele statt. Wie tickt die Szene? BR24 hat mit zwei Nürnberger Hooligans gesprochen.

2012 zählte die Polizei 400 Hooligans beim 1. FC Nürnberg, sie rangieren damit auf Platz sieben der größten Hooligan-Szenen Deutschlands. Hooligans - das sind "Fußballfans", deren größtes Interesse nicht dem Spiel auf dem Platz, sondern gewalttätigen Auseinandersetzungen gilt.
Akribische Vorbereitungen
Die meisten Prügelein finden abseits der Öffentlichkeit statt, im und ums Stadion herum kommt es kaum zu Auseinandersetzungen. Zu hoch sind die Sicherheitsvorkehrungen. Bevor es zu einer Prügelei kommt, im Szenesprech auch "Match" genannt, braucht es eine gewisse Vorlaufzeit. Die Gewalt will geplant sein.
"Die Vorbereitungen erstrecken sich über Wochen, das Ganze muss irgendwie organisiert werden. Leute müssen losfahren und einen Platz auf halber Strecke suchen. Am selben Tag stehst du um 5 Uhr morgens auf, fährst 600 Kilometer und kommst dann beim Treffpunkt an. Da steht dann einer von deinen Gegnern, der bringt dich auf den Platz, derjenige von uns, der das Sagen hat, geht dann rüber und schaut sich das Heimteam an."
Nürnberger Hooligan
Zuvor wird telefonisch die Größe der jeweiligen Gruppe abgesprochen und eine T-Shirt Farbe bestimmt. Schließlich sollen nicht aus Versehen die Falschen verprügelt werden. Jede Hooligan-Gruppe hat ihre eigene Farbe. Bewaffnungen sind bei verabredeten Prügeleien eigentlich nicht erlaubt. Zum Standardrepertoire gehören aber Bandagen sowie Mund- und Tiefschutz.
Der ultimative Kick
Das Gefühl vor einer Hauerei, wie die Schlägereien noch genannt werden, ist bei allen Beteiligten gemischt. Gewalt als Droge. Worte eines Süchtigen:
"Dir hängt der Magen voll durch und ein bisschen Angst ist dabei. Die Nervosität steigt, du hast einen krassen Adrenalinkick. Wenn man dann weiß, 20 gegen 20 ist ausgemacht, das geben dir keine Drogen, das gibt dir keine Frau. Das Gefühl ist schwer beschreibbar, du kämpfst mit deinem Körper, mit deinen Leuten für Nürnberg. Nach zwei Minuten ist dann alles vorbei."
Nürnberger Hooligan
Skurrile Situationen im Krankenhaus
Von wirklich gefährlichen Verletzungen erzählen die Hooligans im BR24-Gespräch nichts. Man wolle die Gegner ja nicht schwer verletzen, behaupten sie. Es gehe darum zu zeigen, welche Truppe sich am besten prügeln kann. Trotzdem gibt es Knochenbrüche und andere Verletzungen, die nicht selten im Krankenhaus enden und zu skurrilen Situationen in der Notaufnahme führen.
"Wenn du verloren hast, warst du die Nummer fünf in der Notaufnahme und der Arzt fragte dich dann: 'Lassen Sie mich raten, Sie sind auch die Treppe runter gefallen'. Das Problem war dann, dass zwei von uns wegen Kieferschmerzen den Mundschutz gar nicht mehr aus dem Mund bekommen haben, weil alles verschoben war. Es kommen fünf Leute, alle mit dem gleichen Shirt, Bandagen, alle voller Blut und gehen ins Krankenhaus und lassen sich da irgendwie so notdürftig versorgen, dass sie heimfahren können."
Nürnberger Hooligan
Jogger als Zaungäste
Damit die Hooligans bei den ausgemachten Prügeleien nicht gestört werden, suchen sie im Vorfeld meist abgelegene Plätze, oft in Waldstücken oder auf Parkplätzen. In der Stadt sei die Gefahr zu groß, von Polizisten bemerkt zu werden und eine Anzeige zu riskieren.
"Die Bullen kommen dann, nehmen 50 Leute fest, alle haben Verletzungen und dann gibt’s halt 50 Mal Landfriedensbruch, und 50 Leute sagen nichts dazu. Und dann wird es eingestellt, was wollen sie denn machen. Und in der Stadt ist die Gefahr, dass das einer mit dem Handy filmt. Auf den Videos ist dann vielleicht sichtbar, wie du dem einen die Nase gebrochen, oder dem anderen die Fresse eingeschlagen hast und dann kannst du für die einzelne Tat belangt werden. Deswegen ist ein Acker schon schön, weil da ist halt außer einem Jogger oder einem Reiter niemand vorbei kommt."
Nürnberger Hooligan
Nach rechts hin offen
Der Begriff Hooligan wird oft mit dumpfen rechten Schlägern assoziiert. Tatsächlich sind viele Hooligan-Gruppen in Deutschland rechtsextrem oder stehen Extremisten offen gegenüber. Das sagen auch unsere Gesprächspartner. Auch in der Nürnberger Szene, die sich seit den 1980er Jahren vornehmlich um die Gruppe "Red Devils Nürnberg" sammelte, waren Angehörige der rechtsextremen Szene aktiv.
Nicht zuletzt wurde die rassistische "English Defense League" von rechtsextremen Hooligans gegründet. In Deutschland sorgten vor einiger Zeit die "Hooligans gegen Salafisten" (Hogesa) für Schlagzeilen. Obwohl die Hogesa-Abspaltung "Gemeinsam stark e.V." ihren Vereinssitz in Nürnberg hat, war die Gruppe den alteingesessenen Nürnberger Hooligans nicht bekannt.
"Die Typen kannte keiner. Da gab‘s irgendwann Leute, die aber nicht mal halbwegs bekannt waren, also weder bei der [Hooligan-Gruppe] Seerose oder den Red Devils oder überhaupt im Hool-Umfeld. Das waren einfach Trottel, die islamophob sind und da was machen wollten. Das waren keine Nürnberger Hooligans."
Nürnberger Hooligan
"Das macht mir Angst"
Dass sich rechte Funktionäre und Hooligans mittlerweile auch in den Stadien breit machen, sorgt für Unmut. Nicht zuletzt soll es deshalb auch zu Zerwürfnissen in einzelnen Gruppen gekommen sein.
"Mittlerweile geht es oft nicht mehr um Fußball, um die Hauerei, sondern um Politik. Und da versuchen Neonazis wirklich in vielen Szenen Fuß zu fassen. Das macht mir Angst, das ist gefährlich."
Nürnberger Hooligan
Eine solchen Idelogisierung hat in der Vergangenheit auch dazu geführt, dass sich einige Hooligans nicht mehr mit anderen Gruppen prügeln wollten.
Kommentieren
Rumplhanni, Mittwoch, 19.April 2017, 21:51 Uhr
4. Die Demo „Hooligans gegen Salafisten“ fand, soweit ich mich erinnere statt,
nachdem die Salafisten Vogel/ Lau&Co wieder einmal ihre „tapferen“ Scharia-Späßchen abzogen. Als sich immer mehr TN anmeldeten, manche scheinbar sogar FB beitraten, irgendwann: „Meine Mama kocht auch für 500“ So ein Kind, kann nicht „schlecht“ sein, ist einfach froh, dass endlich jemand aufsteht, der auch einmal für seine Belange einsteht. Pauschal klingt das geschönt, was man damit natürlich nicht meint. Damals war ein Verbot dieser Demo im Gespräch, aufgerufen zur Gegendemo, wie aktuell vorrangig politisch Rot-Rot-Grün(?), sogar Kirchen, wie so oft solidarisch mit Roten Antifas. Wenn sich Gleichberechtigte beschimpfen, anschreien, „mit Dreck bewerfen“ ist mir das egal, aber Salafisten&Co scheinen bei manchen „Verständigen“ unter besonderem Schutz zu stehen.
Ein NPD-Verbot fände ich richtig, aber wie locker doch das Wort „Nazi“, „braune Soße“, „rechtspopulistisch“ gegen Andersdenkende sitzt, und eben bei WEM, finde ich langsam bedenklich! Rot-Rot-Grün(?) wähle ICH sicher nicht!
Barbara, Mittwoch, 19.April 2017, 15:10 Uhr
3. Es sind leider Gottes immer nur die Männer, die Gewalt ausüben.
Da hat sich im Laufe der Geschichte nichts geändert! Auch die Kriegstreiber waren immer nur die Männer!
Antwort von Klaus Grämer, Mittwoch, 19.April, 16:05 Uhr anzeigen
Liebe Barbara,
das ist Quatsch. Sie haben recht, Männer dominieren in beiden Angelegneheiten sehr stark. Aber ich erinnere an Margaret Thatcher, deren Politik ja auch sehr gewaltätig war.
Und zum Thema Hooligans: Suchen Sie doch mal nach dem Begriff "Female Hooligan fight" bei YouTube.
Antwort von B. Sachse, Mittwoch, 19.April, 19:35 Uhr anzeigen
Welche schlimmen Verbrechen oder gar Massenmorde hatte denn die Frau Thatcher zu verantworten? Höchstens die an hunderten Haar-Spray-Dosen...
Antwort von Olaf, Mittwoch, 19.April, 19:48 Uhr anzeigen
Dann sehen sie sich mal die weiblichen Hooligangruppen an...
Ein wenig Männerfeindlich?
Antwort von Leonia, Donnerstag, 20.April, 08:58 Uhr anzeigen
Frau Thatcher hat zwar zB wegen der Falklandinseln einen Krieg geführt, aber dass sie sich geprügelt hätte, davon ist nichts bekannt.
Pepe, Mittwoch, 19.April 2017, 11:05 Uhr
2. Hooligans
auch früher hat man sich am Dorffussballplatz "gekloppt". Jedoch nicht so mit einer erschfreckenden Tötungsabsicht. Fussball ist ein rohes Ereignis geworden. Pfui schämt euch
Antwort von Rumplhanni, Mittwoch, 19.April, 22:02 Uhr anzeigen
@pepe, so kenne ich das auch!
Profisport hat mich nie besonders interessiert, mehr Freizeitsport, billiges Tischtennis usw. und sich eben auch sonst mehr anders bewegt hat. Ein Teil dieser Fans sind Dumpfbacken, für die ehrlich Begeisterten, die sich dann natürlich berechtigt gegen solche wehren, heißt es dann leider: mitgefangen, mitgehangen!
Arnold Schwarzeneggers Muskeln haben ebenso wenig alle beeindruckt, mehr „nur menschlich“ betrachtet galt er aber immer als beliebt und der Jugend als Vorbild. Zuwenig Beachtung fand dabei wohl, dass er, wie eben die meisten Sportler seine Schulbildung nicht vernachlässigte.
Heute imitieren ihn zu gewissen heimischen Muskelprotzen, zudem auch gewisse aus anderem „Wertefundament“. Ein überteuertes Lederjäckchen alleine macht dummerweise nunmal keinen tollen Hecht, mal kurze Zeit ausgesetzt, zuviele Chips und Bier - schon bleibt nur noch ein „Ups“-Klops.
Harald, Mittwoch, 19.April 2017, 10:31 Uhr
1. Jedem Tierchen sein Pläsierchen ...
... heißt ein alter Spruch aus Opa's Zeiten.
Mir sind Schlägertrupps abseits öffentlicher Plätze wie Stadion etc. wesentlich lieber, als Typen mit Bengalos im Stadion. Völlig daneben sind solche solche, die auf "normale" Fußballfans losgehen, nur weil die vom anderen Verein sind.
Früher hat man sich beim Wirt auf eine zünftige Rauferei gefreut. Heute sind es eben abgesprochene Schlägereien. Mei, wenn sich die Leute gerne selber die Köpfe einschlagen, solln sie es halt tun. Wichtig ist, dass es nicht auf Kosten der Allgemeinheit geht (Heilungskosten, etc.) und dass nur die "Freiwilligen" davon betroffen sind.
Antwort von highwayfloh, Mittwoch, 19.April, 20:04 Uhr anzeigen
@Harald: Sie führen Ihren Kommentar selbst ad adsurdum! Aus dem Bericht geht eindeutig hervor, dass dann die diversen Verletzten eben in der Notaufnahme aufschlagen und damit der Allgemeinheit sehr wohl(!) zu lasten fallen! Oder glauben Sie, dass diese Leute dann den Personalausweis zücken und sagen: "Egal, ich zahl die Behandlung aus eigener Tasche privat"? Hmh? Solches Gebaren hat mit dem "Sport" absolut nichts mehr zu tun! Wenn Die sich legal die Köpfe einhauen wollen, sollen die doch ne eigene Sportart gründen: "Blutige Fresse" oder sowas und entsprechende Ligen mit Endausscheidungen, dann können Sie sich über entsprechende Vereine und Verbände bezüglich Verletzungen usw. über diese Versichern lassen, OHNE die Allgemeinheit zu belasten (In dem Sie dann entsprechende Mitgliesbeiträge berappen müssen). Wie wärs damit?
Antwort von Leonia, Donnerstag, 20.April, 09:02 Uhr anzeigen
Die dürfen sich gern an Mixed Martial Arts beteiligen und sich privat krankenversichern. Dann wäre es egal. So belasten die die Solidargemeinschaft mit den Arztkosten und da sie sich auch in den Stadien nicht immer "brav" verhalten, auch die gewaltfreien Fußballfans. Von denen hat so mancher den Gang ins Stadion aufgegeben wegen solcher Typen und schaut nur noch vorm heimischen Fernseher.