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Reaktionen auf Scheuers Asylkritik CSU beschwichtigt, Kirchen entsetzt

Die Aussage von CSU-Generalsekretär Scheuer über Flüchtlinge lässt die Emotionen hochkochen - pikant auch deshalb, weil kommende Woche ein Empfang für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer im Landtag geplant ist. Die einen empfehlen Scheuer, zurückhaltender zu sein - andere sprechen von Beleidigung.

Von: Rudolf Erhard

Stand: 24.09.2016

Plakat zum Thema Asyl an der Friedenskirche in Radebeul Altkoetzschenbroda bei Dresden  | Bild: picture-alliance/dpa/Rainer Oettel

Was leitet die CSU, die Christlich Soziale Union? CSU-Parteivorstand und Vorsitzender der Grundsatzkommission, Markus Blume aus München sagt:

"Das christliche Menschenbild, soziale Werte und was hält unsere Gesellschaft in Zukunft zusammen."

Markus Blume, CSU

Er hat die vorgesehene Endfassung des neuen christsozialen Grundsatzprogramms verantwortlich formuliert. Christliche Politik beinhalte nicht nur die Willkommenskultur, sondern sie setze sich auch mit dem Gedanken auseinander, wie Integration hierzulande gelingen könne, so Blume weiter. Dies bedeute auch Begrenzung und Steuerung.

Scheuer in Fahrt

Für diese Begrenzung gibt es in der Praxis aber angebliche Abschiebungshindernisse. So jedenfalls in der Weltsicht des CSU-Generalsekretärs Andreas Scheuer. Der schickte  seiner republikweit kritisierten Überspitzung vom ministrierenden und Fußball spielenden Senegalesen sogar noch eine Diskreditierung hinterher:

"Für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern er ist Wirtschaftsflüchtling. Aber wir haben halt auch eine Gesellschaft, wo Du den Vereinsvorsitzenden, den Pfarrer, schlimmstenfalls den Landtags-, Bundestagsabgeordneten findest, also, alle müssen durch dieses strenge Verfahren, aber der, der hat sich so gut integriert."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Ein krude formulierter Satz, der meint: weil sich vom Fußballclub bis zur  Kirchengemeinde so viele für den ja so gut integrierten senegalesischen Asylbewerber einsetzen, komme der um seine rechtspflichtige Abschiebung herum. Für den Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann eine peinliche Entgleisung: "So etwas kann man nicht sagen. Das ist eine Beleidigung für die Flüchtlinge, dass Menschen, die aus einer Notsituation zu uns kommen, hier so leicht abgebügelt werden.“

Kirchen sprechen von unverantwortlichen Aussagen

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, derzeit Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, formulierte bundesweit hörbar:

"Ich mache mir Sorgen um die Tonlage in Deutschland insgesamt. Da geht’s um mehr. Da geht’s darum, ob wir die Stimmung verbreiten, die Menschen in Not, die bei uns sind, sind ein Hauptproblem, und wir wollen sehen, dass sie möglichst bald vor uns verschwinden."

Kardinal Reinhard Marx

Noch etwas konkreter wurde der katholische Nürnberger Stadtdekan Hubertus Förster: "Es lief ja darauf hinaus, die Flüchtlinge wollen wir loskriegen. Und das hören wir ständig irgendwo. Ob das dann mit Leitkultur begründet wird, ja, die müssen die Leitkultur übernehmen, sonst müssen sie zurück, oder sie werden in ihren Ländern gebraucht, aber man hetzt ja eigentlich die ganze Zeit." "Unverantwortlich", sagt der evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein.

Kritische Stimmen in der CSU nahezu Fehlanzeige

Doch Finanz- und Heimatminister Markus Söder, derzeit sogar Mitglied der evangelisch-lutherischen Landessynode, schob die Mahnung der Kirchenoberen beiseite.

"Wenn man die Stimmung an der Basis in vielen Gemeinden sieht, dann ist nicht jede Stimme, die an der Spitze der Kirche getroffen wird, auch die Stimme, die normale Gläubige und Kirchensteuerzahler finden."

Markus Söder, Finanzminister

Indirekter Beifall also vom früheren CSU-Generalsekretär Söder für Andreas Scheuer. Öffentlicher Widerspruch aus der ersten CSU-Reihe kam nur von Landtagspräsidentin und Parteivize Barbara Stamm:

"Selbst wenn ein Generalsekretär die Dinge eher beim Namen nennen darf, sollte man zurückhaltender sein, vor allen Dingen auch in der Sprache."

Barbara Stamm, Landtagspräsidentin

Von Ex-Minister Thomas Goppel, als CSU-Landtagsabgeordneter derzeit auch Sprecher der „Christsozialen Katholiken“, gab es nur eine sanfte Rüge: "Ich hab' ihm geschrieben, 'sei so gut, und denk dran, dass man neben einer glücklichen Hand auch einen klugen Mund braucht'."

Kirchen halten Dialog für Zeitverschwendung

Die Reaktion der Opposition in Bayern war weitgehend erwartungsgemäß. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Margarete Bause forderte Ministerpräsident Seehofer auf, Scheuer zu entlassen. Dessen Äußerungen seien Gift für das gesellschaftliche Klima. Dem schloss sich auch die Landtags-SPD an, während Florian Streibl von den Freien Wählern etwas differenzierter klang:

"Gerade die ehrenamtlich Engagierten in den Kirchen sind ja die, die sich wirklich für die Flüchtlinge einsetzen und die auch das Christentum in puncto der Nächstenliebe leben. Die können die CSU nicht mehr als eine christliche Partei erkennen."

Florian Streibl, Freie Wähler

Aber CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer ließ nur mimisch erkennen, wie lästig und überflüssig er die Verbalgrätsche seines Generalsekretärs gegen Asylbewerber empfand. Offiziell verteidigte er Scheuer:

"Ich kann aus den Äußerungen des Generalsekretärs nicht entnehmen, dass er sich gegen die Kirchen oder gegen die Sportvereine gewandt hat und deren Arbeit oder auch nicht gegen die ehrenamtliche Bevölkerung."

Ministerpräsident Horst Seehofer

CSU-Generalsekretär Scheuer sollte trotzdem jetzt den Dialog mit den Kirchen suchen, empfahl Seehofer. Vom Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann kam da eine ehrliche Antwort:

"Man hat hier eine wirklich so große Offenheit gegenüber den Flüchtlingen, dass man solche Entgleisungen wahrnimmt, aber sagt, es lohnt sich nicht, darüber in einen Dialog einzutreten."

Friedhelm Hofmann, Bischof von Würzburg


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Kommentieren

Jörg Schwarz, Sonntag, 25.September 2016, 09:00 Uhr

33. Ich bin entsetzt

wegen der Wortwahl von Herrn Scheuer. Die CSU sollte sich wirklich überlegen, ob sie das "C" noch beibehalten will.

Katholikin, Sonntag, 25.September 2016, 08:34 Uhr

32. Aus persönlichen Begegnungen weiß ich,

dass vielen Kirchenleuten die persönliche Eitelkeit wichtiger ist als die Menschen. Das soll kein Paschalurteil sein. Aber ich denke, dass es bei der Zuwanderungsdebatte nicht anders ist. Man will weltoffen und human sein und vergisst dabei ganz die eigenen Leute und die Probleme, die durch Multikulti entstehen.

Hugo Trotz, Samstag, 24.September 2016, 23:56 Uhr

31. Wir sind doch schon verraten und verkauft!

Die Kirchen mischen sich doch seit vergangenem Jahr ständig ein. Man ist doch selbst zu Weihnachten nicht mehr mit dem Gefühl innerer Freude aus dem Gottesdienst heim gegangen, wie man das immer konnte in den vergangenen Jahren. Es blieb letztens eine Beklemmung, die einfach nicht mehr weg ging. Warum? Weil von der Kanzel herunter nur noch gefordert wird. Dabei sind wir Bürger bereits genug geplagt, wie es seit den schlimmen Nachkriegsjahren noch niemals wieder war! Und die nächste Sorge steht vor der Tür: die Energiepreiserhöhung. Die Mär vom reichen Deutschen ist längst widerlegt! Die Mehrheit kämpft bereits jetzt mit den angestiegenen Ausgaben, vor allem den Fixkosten. Da ist Zukunftsangst durchaus angesagt. Sie beginnt hier und gipfelt in der Sorge, dass wir bald wieder die Asylantenmengen haben werden, wie im Vorjahr. Und nur wegen der Wahl noch getrickst wird.

Wanda, Samstag, 24.September 2016, 23:42 Uhr

30. Insider-Meinung

Hochinteressant:
- der aus dem Senegal stammende Priester im Bistum Bamberg Abbé Patrice Mor Faye nimmt Scheuer in Schutz, verteidigt die Obergrenze und findet: "nicht jeder hat das Recht hierher zu kommen"...
Offenbar hat der Mann Insider-Kenntnisse, die den meisten Scheuer-Kritikern fehlen, oder ?

Oma Frida, Samstag, 24.September 2016, 21:36 Uhr

29. CSU

Für mich als Katholik ist diese CSU unwählbar geworden. Wer diese CSU wählt, versündigt sich an den Menschen. Unsere Demokratie und Rechtsstaat wird mit Füßen getreten. Schämt euch ihr Versager. Pfui! Diese Politiker haben sich unsere Heimat zur Beute gemacht.

  • Antwort von Gerald, Sonntag, 25.September, 06:41 Uhr

    Was ist das für ein Spruch? Die katholische Kirche sollten erstmal vor der eigenen Haustür kehren! Ich sage nur sexuellen Missbrauch und so weiter! Da haben Sie genug aufzuarbeiten! Richtige Aufarbeitung sieht anders aus!