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Fluglotse/-lotsin Regisseure der Lüfte

Mehr als drei Millionen Flüge pro Jahr machen den deutschen Luftraum zu einem der komplexesten der Welt. Täglich hängt das Leben vieler Menschen von den Entscheidungen der Fluglotsinnen und Fluglotsen ab - sie kontrollieren Rollfeld und Luftraum.

Stand: 19.07.2019

Morgens um halb 8. Josef Straßer blickt nach oben - sein Arbeitsplatz, der Tower, bekommt in 80 Meter Höhe die ersten Sonnenstrahlen am Münchner Flughafen ab. Damit andere sicher in den Urlaub fliegen können, behält der 28-Jährige im Tower einen kühlen Kopf. Schon als Kind liebte er es die Flugzeuge beim Starten und Landen zu beobachten. Als er das Auswahlverfahren der Deutschen Flugsicherung bestand, erfüllte sich ein Traum.

"Bewirb Dich, probier's aus. Allein die Erfahrung in Hamburg war schon sehr viel wert, es hat mega viel Spaß gemacht - und wenn's dann klappt, dann hast den geilsten Job der Welt."

Josef Straßer (28), 2. Ausbildungsjahr

Besondere Begabungen

Nur rund sieben Prozent bestehen das Auswahlverfahren in Hamburg. Eine Wiederholung ist nicht möglich, es sei denn es hapert an den Englischkenntnissen. Die Ausbildung dauert insgesamt bis zu drei Jahre und hängt vom Schwerpunkt ab: Ob Kontrollzentrale oder Tower. Wer Fluglotsin oder -lotse werden will, braucht Abitur und darf bei Bewerbungseingang nicht älter als 24 Jahre sein. Fluglotsen sind nicht schlauer als andere, sie haben nur besondere Begabungen und die werden vorher zentral in Hamburg geprüft.

"Bei dem Test geht es eigentlich darum, Fähigkeiten, die man besitzt zu zeigen, die also für den Beruf und nur speziell für den Beruf des Fluglotsen wichtig sind. Dass man die besitzt. Die kann man auch relativ schwer erlernen und deshalb sind auch da die Ausfallquoten in Hamburg beim Test relativ hoch. Aber es geht halt einfach um Fähigkeiten, wie zum Beispiel, dass man mehrere Sachen gleichzeitig bearbeiten kann, dass man eine gewisse Stressresistenz hat."

Arndt Heucher, Ausbilder

Blitzschnelle Entscheidungen

Josef arbeitet seit acht Monaten im Tower. Um seinen Arbeitsplatz zu erreichen muss er viele Sicherheitskontrollen durchlaufen. Jeden Tag passiert etwas Anderes. Josef ist höchst konzentriert. Sein Coach Theresa Fickel und zwei weitere Ausbilder begleiten ihn. Der 28-Jährige darf schon sehr selbstständig arbeiten und ist ständig mit Piloten in Kontakt. Seine Ausbilderin kann jederzeit eingreifen. Josef braucht sehr gute Englischkenntnisse, muss gut planen können und blitzschnell Entscheidungen treffen.

"Insbesondere hier finde ich es schwierig, dass wenn man sich einen Plan erarbeitet hat und dann kommt plötzlich ein Rettungshubschrauber, der mit Priorität durch die Kontrollzone durchmuss, dass man plötzlich alles umschmeißen muss und komplett von vorne sich noch einen neuen Plan entwickeln muss, weil der natürlich Vorrang hat, da geht's ja meistens um Menschenleben."

Josef Straßer (28), 2. Ausbildungsjahr

Bevor Josef an den Tower in München kam, trainierte er im Simulator an der Akademie in Langen. Hier werden die Fluglotsinnen und Fluglotsen zwölf bis 15 Monate von der Deutschen Flugsicherung ausgebildet. Neben Luftfahrzeugtechnik, Meteorologie und Luftrecht steht auch Navigation auf dem Stundenplan.

"Jeder hat so bisschen andere Probleme. Ich hatte am Anfang so bisschen Probleme mich mit Navigation auseinanderzusetzen. Einfach weil ich da noch keinen Zugang dazu gefunden habe. Habe aber Glück, dass ich in der Familie auch Leute aus der Seefahrt habe, die mir noch ein bisschen helfen konnten."

Leonie Kühne (23), 1. Ausbildungsjahr

Ob Auszubildende nach der Theorie im Tower oder der Kontrollzentrale, dem Center, anfangen, entscheidet die Deutsche Flugsicherung nach Bedarf. Die 28-jährige Melanie Schöps arbeitet seit zweieinhalb Jahren als ausgelernte Fluglotsin im Center München. Mit circa 300 Kollegen kümmert sie sich um einen rund 240 Tausend Quadratkilometer großen Luftraum. Alles ohne Sichtkontakt - über Radar verfolgen die Fachkräfte jedes Flugzeug.

"Man muss sehr konzentriert sein, man darf aber auch nicht so in einen Tunnelblick verfallen oder so. Man muss wirklich auch offen für die Kollegen nebenan sein, weil die wichtige Sachen sagen, die man selber auch hören muss. Gleichzeitig reden halt auch die Piloten mit einem, denen man dann natürlich auch zuhören muss und das ist eben dieses Multitasking."

Melanie Schöps, Fluglotsin

Melanie übernimmt die Flugzeuge nach dem Start vom Tower und bereitet sie - wie an einer Perlenkette aufgereiht - auch wieder auf die Landung vor. Danach ist Josef im Tower dran. Im Laufe eines Tages begleiten er und seine Kollegen rund 1.200 Flugzeuge bei Start und Landung. Dafür arbeiten sie im Drei-Schicht-Betrieb zu jeder Tag- und Nachtzeit. In einem Monat hat Josef seine praktische Abschlussprüfung und weiß jetzt schon, dass er sich für einen gefragten Beruf mit Perspektive entschieden hat.

Die wichtigsten Fakten zur Ausbildung

  • Offizielle Berufsbezeichnung: Fluglotse/-lotsin
  • Ausbildungsdauer: Dreijährige Ausbildung gegliedert in zwei Blöcke: Theoretische Ausbildung: 12-15 Monate | Praktische Ausbildung (On-The-Job Training): 12-18 Monate Dauer hängt vom Ausbildungsstandort ab, ob Kontrollzentrale oder Tower
  • Ausbildungsform: Schulische Ausbildung an der Flugsicherungsakademie (bundesweit einheitlich geregelt) in Langen bei Frankfurt am Main. Die theoretische Ausbildung übernimmt die Deutsche Flugsicherung. Anschließend praktische Ausbildung (On-The-Job Training) in den Kontrollzentralen (Center) und auf den Flughäfen (Tower).
  • Prüfung: Prüfungen je Ausbildungsabschnitt (Theorie + Simulatoren), Lizenzerwerb für die relevanten Sektoren (im On-The-Job Training)
  • Ausbildungsorte Theoretische Ausbildung: Akademie bei der Deutschen Flugsicherung in Langen | Praktische Ausbildung Center: Kontrollzentralen in Langen, Bremen, München und Karlsruhe | Praktische Ausbildung Tower: an 16 Verkehrsflughäfen in Deutschland
  • Zugang: Allgemeine Hochschulreife (Abitur), nicht älter als 24 Jahre bei Bewerbungseingang, Englisch bis zum Abitur (alternativ Zertifikat C1), medizinische Eignung
  • Eignung: Sehr gute Englischkenntnisse, räumliches Vorstellungsvermögen, Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsfähigkeit, ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, Teamplayer, präzise Auffassungsgabe und Entscheidungskompetenz
  • Perspektiven: Die Berufsausschichten sind sehr gut. Mehr als drei Millionen Flüge pro Jahr machen den deutschen Luftraum zu einem der komplexesten der Welt. Da braucht es Fluglotsen/-lotsinnen, die viel Verantwortung übernehmen. Zahlreiche Möglichkeiten der Weiterentwicklung als Ausbilder/-in, Fachlehrer/-in, Teamleiter/-in (Supervisor/-in) oder Niederlassungsleiter/-in.
  • Alternative: Duales Studium Air Traffic Management

Die wichtigsten Infos zum Beruf

Geld

Fluglotsinnen und Fluglotsen arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb zu jeder Tag- und Nachtzeit. Auch am Wochenende und an Feiertagen. Im Vergleich zu anderen Berufen verdienen sie überdurchschnittlich, tragen aber auch viel Verantwortung.

Kommunikation

Kommunikation ist besonders wichtig, vor allem braucht es sehr gute Englischkenntnisse. Fluglotsinnen und Fluglotsen müssen mehrere Dinge auf einmal erledigen. Lotsen weisen an, Piloten sprechen nach - das "Readback- Hearback" will gelernt sein, damit es zu keinen Missverständnissen kommt. Was sich erst einmal fremd anhört, ist die offizielle Fluglotsensprache. Die sogenannten ICAO-Codes sorgen für einen eindeutigen Funkverkehr.

Team

Fluglotsinnen und Fluglotsen sind keine Einzelkämpfer, sondern Teamplayer. Sie sprechen nicht nur mit den Piloten, sondern müssen auch stets ein offenes Ohr für ihre Kollegen haben. Vor allem auch bei der umfangreichen Arbeit in der Kontrollzentrale, dem Center, plant ein/eine Fluglotse/-lotsin vor, der andere/die andere hält Kontakt zu den Flugzeugen. Hier ist eine gute Zusammenarbeit gefragt, damit Mindestabstände eingehalten und keine Menschenleben gefährdet werden. Auch innerhalb des Teams bestehen gute Karrieremöglichkeiten, als Teamchef/-in, zum Beispiel.


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