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CSU-Ehrenvorsitzender und ehem. Bundesfinanzminister Theo Waigel

Er ist gerade 85 geworden und noch kein bisschen müde. Theo Waigel hält den Rekord als dienstältester Bundesfinanzminister und hat es als CSU-Politiker von seiner schwäbischen Heimat bis auf die Bühne der Weltpolitik geschafft.

Stand: 22.04.2024

portrait | Bild: picture-alliance/dpa

Von der Wiedervereinigung bis zur Einführung des Euro - Theo Waigel hat in seiner jahrzehntelangen Karriere viel erlebt. Doch eines bereitet dem ehemaligen Bundesfinanzminister derzeit große Sorgen: das Erstarken der AfD. Zwar sei die AfD nicht die NSDAP, aber manches erinnere ihn an die Frühzeit der Nazis. Gerade mit Blick auf die Europawahl im Juni warnt er vor nationalistischen und antieuropäischen Tendenzen.

"Dem Volk müssen die Augen geöffnet werden, allein wenn uns diese Partei aus der EU führen würde, wäre das eine Katastrophe für unser Land."

(stern.de, 17.04.24)

Europa ist für ihn nicht nur ein Garant für Wohlstand, sondern auch für den Frieden. Wie wichtig dieser ist, davon bekam Theo Waigel schon in seiner Kindheit eine grausame Vorstellung. Sein älterer Bruder fiel im 2. Weltkrieg mit nur 18 Jahren, sein Vater war Soldat in beiden Weltkriegen.

Aufstieg in die Politik

Doch diese Erfahrungen machten Theo Waigel stark. Zielstrebig arbeitete er sich nach oben. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften, promovierte und wurde Gerichtsassessor bei der Staatsanwaltschaft München. Danach wurde er persönlicher Referent des damaligen CSU-Finanzstaatssekretärs Anton Jaumann. Von da an ging es steil bergauf: Nach dem Tod von Franz Josef Strauß übernahm er 1988 den CSU-Vorsitz und führte die Partei zehn Jahre lang. 1989 berief ihn Helmut Kohl als Bundesfinanzminister in sein Kabinett.

Vater des Euro

Als Finanzminister erlebte er nicht nur den Fall der Berliner Mauer, sondern wenige Jahre später auch die Einführung einer europäischen Währung. Es war im Dezember 1995, als Theo Waigel dem Europäischen Rat seinen Vorschlag für den „Euro“ unterbreitete. Gegen alle Skepsis und Vorbehalte setzte sich die Währung durch und Theo Waigel wurde zum „Mister Euro“. Über diesen Ehrentitel kann er manchmal schmunzeln.

"Mein jüngster Sohn fragte mich mal, ob das stimme, und ich antwortete: Manche sagen das so. Woraufhin er meinte: Ich mag aber nicht der Bruder vom Euro sein."

(merkur.de, 20.04.24)

Sein Rat an den bayerischen Ministerpräsidenten

Theo Waigel war dabei, als ein Stück Weltgeschichte geschrieben wurde, die „Süddeutsche“ nannte ihn zu seinem 85. Geburtstag den „letzten Weltpolitiker“. Und doch ist er immer bodenständig geblieben. Als ihm der bayerische Ministerpräsident stolz von seinen vielen Social-Media-Anhängern erzählte, riet er ihm zu mehr Bescheidenheit.

"Da habe ich gesagt, Jesus Christus hatte nur zwölf, und er konnte sich nur auf elf richtig verlassen – es hat trotzdem gereicht, um eine weltweite Bedeutung zu erreichen."

(SZ, 22.03.24)


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