BR Fernsehen - Lebenslinien


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Lebenslinien - Rahmée Wetterich, eine erfolgreiche Unternehmerin aus Kamerun Wie ich das Dirndl nach Afrika brachte

"Das Beste aus den verschiedenen Kulturen zusammenbringen“ – das ist das Lebensmotto der 57-jährigen Rahmée. Als sie mit 13 Jahren aus Kamerun nach München kommt, ahnt sie noch nicht, dass sie aus eigener Kraft ihre Ausbildung abschließt und eine erfolgreiche Unternehmerin wird. Ein Schicksalsschlag bringt Rahmée auf die Idee ihres Lebens: Dirndl aus afrikanischen Stoffen.

Stand: 23.05.2022 | Archiv

Eine glückliche Kindheit verbringt Rahmée als Jüngste von sechs Geschwistern in wohlhabenden Verhältnissen in Kamerun. Dieses Glück endet jäh, als die Familie 1979 nach München übersiedelt. Der Vater ersehnt sich hier bessere Bildungsmöglichkeiten.

Filminfo

Originalitel: Wie ich das Dirndl nach Afrika brachte (D, 2022)
Regie: Heike Springer
Redaktion: Sonja Hachenberger
Länge: 45 Minuten
VT-UT, 16:9, stereo

Rahmée vermisst die Freiheit ihrer Heimat, verweigert die Schule. Als kurze Zeit später die Mutter die Familie verlässt, übernimmt die 14-Jährige Verantwortung. Mit ihrer gewinnenden Art und ihrer Zielstrebigkeit gelingt es Rahmée, ihr Leben in Erfolg bringende Bahnen zu lenken. Sie absolviert die Wirtschaftsschule, macht eine Ausbildung, heiratet und bekommt einen Sohn.

Die Rolle als Ehefrau und Mutter füllt Rahmée aber nicht aus. Sie trennt sich und macht sich mit einem Einrichtungsgeschäft selbstständig. Kurz darauf lernt sie Wolfgang, einen Niederbayern, kennen und bekommt mit ihm eine Tochter.

Rahmée und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in ihrem Schneider-Atelier in Benin.

Als sich ihre beste Freundin, die wie ein Teil der Familie war, nach jahrelangem Kampf gegen eine schwere Depression das Leben nimmt, ist Rahmée am Tiefpunkt ihres Lebens. Zum ersten Mal konnte sie durch ihr Tun nichts bewirken.

Um den Verlust zu verarbeiten, kehrt sie an ihren Geburtsort zurück. Zusammen mit ihrer Schwester wagt sie ein Experiment: Dirndl aus afrikanischen Stoffen. Heute möchte sie mit ihrem Ausbildungsprojekt Menschen in Benin, einer der ärmsten Regionen Afrikas, eine neue Perspektive geben.

Fragen an die Regisseurin Heike Springer

Justine, Namensgebern des Projekts.

Was hat dich an Rahmée besonders beeindruckt?

Es gibt so vieles, was mich an Rahmée beeindruckt: Sie ist mutig und selbstbewusst und immer offen für Neues. Den Menschen begegnet sie mit viel Wärme und Herzlichkeit und bringt ihnen großen Respekt entgegen. Rahmée wird nicht müde zu betonen, dass sie ohne die vielen wunderbaren Menschen, die sie unterstützen, gar nichts bewegen könnte. Sie ist eine großartige Netzwerkerin und verfügt über eine schier unerschöpfliche Lebensenergie. Und sie ist ein sehr humorvoller Mensch, der unglaublich gut über sich selbst lachen kann.

Was genau verbirgt sich hinter "The Project Justine“?

Primäres Ziel des Projekts ist es, Schneiderinnen und Schneider im Norden Benins sowohl praktisch als auch theoretisch umfassend auszubilden. Ihr erlerntes Wissen sollen sie dann an nachfolgende Auszubildende weitergeben. Rahmée und ihre Mitstreiter möchten damit jungen Menschen in einer der ärmsten Regionen Afrikas eine neue Perspektive geben und ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten ermöglichen.

Was war für dich der schönste Moment bei den Dreharbeiten?

Justine, nach der das Ausbildungsprojekt benannt ist, hat sich von ihrem Verdienst der letzten Jahre ein Haus gebaut. Nach Drehschluss hat sie uns alle dorthin eingeladen. Wenn man ein bisschen durchs Land gereist ist, hat man ein ganz gutes Bild davon, wie das Haus einer durchschnittlichen Beniner Familie aussieht: schlicht, klein und dunkel. Nicht so bei Justine. Sie ist nun Besitzerin eines Hauses mit Säulenveranda, Innenhof, luftigen Fenstern und einem eigenen Brunnen auf dem Grundstück. Ich wünsche mir noch viele Justines.


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