BR Fernsehen - Gernstl unterwegs


19

In Schweden Gernstls kulinarische Ermittlungen, Folge 2

Die Sommer in Schweden sind kurz, die Winter lang, entsprechend beschränkt ist das Speisenangebot. Was heißt das für die Küche? Mit der schwedischen Journalistin Linda Karlsson macht sich Franz Gernstls Team auf die Suche.

Stand: 05.06.2018

Gernstls kulinarische Ermittlungen | Bild: megaherz

Linda Karlsson zeigt dem Team, was es außer dem Nationalgericht Köttbullar in Schweden sonst noch gibt. Aber ohne Köttbullar geht es nicht. "Denn alle Schweden essen es", sagt die Journalistin: "Immer und die ganze Zeit." Den Beweis tritt Oscar Fernandez-Selg an. Der Chefkoch des Restaurants "Tranan" in Stockholm hat das Gericht von der Speisenkarte genommen. Bewirkt hat das nichts. Die Gäste bestellen es einfach weiter. Und den Köchen bleibt nichts anderes übrig, als jeden Tag Fleischbällchen zu rollen. Drei Tonnen pro Jahr. Dabei sind Köttbullar prinzipiell nichts anderes als Fleischpflanzerl: Hackfleisch von Schwein und Rind, eingeweichtes Toastbrot, Eier und Zwiebeln. Fertig.

Der Rockstar mit Gewächshaus

Die nächste Station führt raus aufs Land. Dort lebt der Rockstar Stefan Sundström. Lange schon macht er sich Gedanken über den Umgang mit Lebensmitteln. "Früher gab es mehr ausländische Produkte", sagt er. "Aber unser kulinarisches Selbstbewusstsein wächst. Inzwischen sind wir verrückt nach natürlichen Lebensmitteln. Und ich glaube, das ist gut." Sein ganzer Stolz ist das eigene Gewächshaus mit Tomaten.

Die riesigen Supermärkte Schwedens erzählen andere Geschichten. "In Schweden", stellt Gernstl fest, "könnte man sich komplett aus Tuben ernähren". Shrimps, Fisch, Schinken, Käse, Kaviar - alles abgepackt in Blech. "Und auch das hier", sagt Linda, "ist typisch für uns." Sie steht vor einem mächtigen Süßigkeitenregal. "Jeder Schwede isst durchschnittlich 17 Kilo Süßigkeiten pro Jahr", erklärt sie, das sei Weltrekord. Warum, weiß sie auch nicht genau. "Vielleicht als Ausgleich für die langen Winter." Auch Gernstl packt sich eine Süßigkeitentüte und probiert zwischendurch Bonbons. Mit überraschenden Folgen: Kurz darauf steht mit grimmigen Mienen das halbe Marktpersonal hinter ihm.  

"Stinkefisch" für Franz Gernstl

Es geht weiter nach Väddo nördlich von Stockholm. Hier lebt "Sheriff" Leif Strandberg. Der USA-Fan macht Franz mit "Surströmming" vertraut. Vergorener Hering oder einfach: "Stinkefisch". Schon beim Öffnen der ausgebeulten Dose wird es Gernstl anders. Während sich Strandberg den faulig riechenden Inhalt schmecken lässt, lässt sich Gernstl zu einer Kostprobe überreden. Sein vernichtendes Urteil lässt nicht lange auf sich warten. Und wird unter dem starken Eindruck in schnörkellosem Bayerisch formuliert.

Audienz beim "König"

Ruben Madsen macht Gernstl vergorenen Hering schmackhaft.

Kaum anzunehmen, dass Ruben Madsen daran etwas ändern könnte. Aber der Mann gilt als "Stinkefischkönig" Schwedens und hat sich vorgenommen, zu beweisen, dass Surströmming auch schmackhaft zubereitet werden kann. Und tatsächlich: Garniert mit dem, was Madsen auf der Motorhaube seines alten Rolls-Royce ausbreitet, wird der vergorene Fisch plötzlich zur Delikatesse. "Super", urteilt Gernstl. Sichtlich erleichtert nimmt ihn Madsen in den Arm und erklärt den Filmemacher zu seinem Freund. Der "Stinkefischkönig" ist wohl auch andere Reaktionen gewohnt.

Im Nordwesten liegt das Land der schwedischen Ureinwohner, der Samen. Nur sie besitzen das Recht, Rentiere zu halten. Lennart Blindh ist einer von ihnen. Auf die 150 Samen in der Region kommen rund 20.000 Rentiere, die sich frei in der Wildnis bewegen können. Hergestellt wird aus den Hirschen zum Beispiel geräucherter und getrockneter Schinken. Das Fleisch ist dunkel und erinnert an Bündnerfleisch. "Und schmeckt auch so", stellt Gernstl fest.

Der Austerntest

An Schwedens Westküste trifft das Team die Karlssons. Die Fischerfamilie hat sich auf Austern spezialisiert. Rund 60.000 Stück ernten sie jedes Jahr. Doch sie haben ein Problem: Eingeschleppte japanische Austern verdrängen die schwedischen. Das könnte für die Karlssons eigentlich ein Glücksfall sein. Die japanischen Schaltentiere sind ebenfalls genießbar, werden größer als ihre einheimischen Artgenossen und wachsen doppelt so schnell. Die Brüder werfen sie dennoch an den Strand. "Ob das was mit Nationalstolz zu tun habe", will Gernstl wissen. Als Antwort öffnen die Fischer zwei Austern - zum Geschmacksvergleich.

Finale in der "Fischkirche"

In Göteborgs Fischmarkt, der sogenannten "Fischkirche", enden Gernstls kulinarische Ermittlungen in Schweden. Sein Fazit: Abgesehen von Köttbullar, das eine Möbelkette bekannt gemacht hat, ist das Land aus deutscher Sicht kulinarisch kaum erschlossen. Doch wer sich auf die ungewöhnlichen Spezialitäten einlässt und vor allem weiß, wie man sie richtig zubereitet, wird nicht nur einmal positiv überrascht.


19