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Türkei Rauchverbot mit Folgen

Er ist einer der letzten Meister seines Faches in der Türkei. Seit über 60 Jahren schnitzt Burhan Yücel aus Meerschaum filigrane Figuren und vor allem: Pfeifen. Für dieses Handwerk braucht es viel Geduld und Geschick.

Von: Gunnar Köhne

Stand: 15.05.2016 | Archiv

Meerschaumpfeifen in einer Auslage | Bild: BR

"Man nannte Meerschaum in Europa das weiße Gold. Pfeiferauchen ist heute nicht mehr modern. Aber vor allem gibt es nun die ganzen Rauchergesetze, nicht nur in Europa. Mein Verkauf ist um 70 Prozent eingebrochen."

Burhan Yücel, Meerschaumschnitzer

Eskisehir in Mittelanatolien, die Heimatstadt des Meerschaums. Früher lebten hier hunderte Familien von der Verarbeitung dieses Minerals. Der weiche Meerschaum lässt sich leicht bearbeiten und ist nicht brennbar - ideal für die Pfeifenherstellung. Die Stadt verdankt ihren Wohlstand Handwerkern wie Burhan Yücel. Doch der steht nun vor dem Aus.

Selbst in seiner Heimatstadt rauchen immer weniger Menschen Meerschaumpfeife. Die Türkei hat eines der strengsten Anti-Tabak-Gesetze Europas. Sogar draußen vor Cafés ist das Rauchen teilweise verboten: Staatspräsident Erdogan führt persönlich eine Kampagne gegen - in seinen Augen - "Laster" wie Alkohol und Tabak. Hier nimmt er einem Bürger seine Zigaretten ab und ermahnt ihn das Rauchen aufzugeben. Viele Türken sind über solche Bevormundungen empört:

"Nirgendwo kann man mehr rauchen! Dabei hat Pfeiferauchen doch etwas Kultiviertes. Man raucht nicht auf der Straße, sondern braucht dafür einen angenehmen Platz, an dem man die Pfeife genießen kann!"

Ein Cafébesucher

"Durch den Meerschaum werden 80 Prozent des Nikotins herausgefiltert, aber das wissen die meisten Tabakgegner leider nicht."

Burhan Yücel, Meerschaumschnitzer

In ihrem kleinen Laden für Meerschaumprodukte verkaufen Yücel und seine Töchter kaum noch Pfeifen. Sie halten sich mit dem Verkauf von Schmuck aus Meerschaum über Wasser. Auch billige Produkte aus gepresstem Meerschaumabfall machen dem kleinen Familienunternehmen zu schaffen. Und der Staat schaue zu:

"Leider rauchen ja immer weniger Leute Pfeife. Aber wir hoffen, dass wir unsere geschnitzten Pfeifenmodelle wenigstens weiter als dekorative Objekte, als Kunst ins Ausland exportieren können. Aber dazu bräuchten wir die Unterstützung der Regierung."

Meliha Öztopcu

Burhan Yücel

Meerschaumschnitzer Yücel hofft längst nicht mehr darauf, dass ihn die Behörden unterstützen.

Vor den Toren der Stadt liegen die Gruben, aus denen der wertvolle Stein gewonnen wird. Auch hier ruht - bis auf Ausnahmen - längst die Arbeit. Nur noch gelegentlich steigen Arbeiter in einen der notdürftig gesicherten Schächte, um das weiche Mineral aus 25 Metern Tiefe nach oben zu holen. Solche verlassenen Gruben sind für Burhan Yücel ein trauriger Anblick:

"Solch einen Stein finden sie nirgendwo sonst auf der Welt. Alte Kunden aus Amerika haben mir erzählt, es gäbe Meerschaum auch in Kenia, aber der sei nicht so weiß wie dieser hier aus der Türkei."

Burhan Yücel, Meerschaumschnitzer

Stillgelegte Gruben, geschlossene Werkstätten. 200 Jahre lang galt der Meerschaum aus Eskisehir in der Welt als Alternative zum Elfenbein. Doch türkische Pfeifen aus dem weißen Gold wird es nach Burhan Yücel wohl nicht mehr geben.


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