BR Fernsehen - EUROBLICK


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Spanien Wohlstand in Gefahr

SEAT-Autos haben sich in den ersten neun Monaten des Jahres noch gut verkauft.

Von: Markus Böhnisch Meyer

Stand: 13.12.2015 | Archiv

SEAT-Werkseingang | Bild: BR

Und Anfang September hatte der Autobauer den Besuch des spanischen Ministerpräsidenten genutzt, um Investitionen von 3,3 Milliarden Euro bekannt zu geben. Das waren gute Nachrichten. Nach dem Dieselgate-Skandal lässt SEAT Journalisten nicht mehr ins Werk. Dies sind Archivbilder. Die Nerven liegen blank. SEAT steht für ein Interview nicht bereit.

Doch ein Stimmungsbild bekommt man auch, ohne mit dem Autobauer sprechen zu müssen. Der Betriebsratschef Matias Carnero wartet zum Beispiel noch auf eine Garantie der angekündigten Investitionen. Gleichzeitig blickt er mit Sorge auf die kommenden Wochen. Denn im Oktober verkaufte SEAT in Spanien weniger Autos.

"Jetzt müssen wir sehr vorsichtig sein, was im Dezember passiert. Dann werden die Folgen des Skandals sichtbar. Keiner weiß vor allem, wie diese Krise ausgeht, weil keiner weiß, wie sich die Autokäufer verhalten, ob Mann oder Frau nun zum Händler gehen oder nicht. Es geht hier um eine Identitätskrise und um das Image."

Matias Carnero, Betriebsratsvorsitzender SEAT

Matias Carnero

SEAT-Händlern hat man verboten, mit der Presse zu sprechen. Wer jedoch wissen will, wie die Stimmung unter den Kunden ist, kann auch mit Joaquín Cardenas sprechen. Der freie Händler verkauft im Küstenort Mataró Gebrauchtwagen – vor allem VW, Audi und SEAT

"Die Verkäufe von Autos aus dem VW-Konzern sind fast zum Stillstand gekommen. Das macht mir Angst, weil ich ja gerade Autos von VW verkaufe; davon lebe ich. Seit einem Monat verkaufe ich praktisch keine Autos mehr."

Joaquín Cardenas, Autohändler

Viele hoffen, dass sich die Aufregung schnell wieder legt. Doch die Schweigsamkeit von VW und SEAT sorgt nicht dafür, dass sich die Gemüter beruhigen. Das nervt auch den Gebrauchtwagenverkäufer.

"Ich bekomme ständig Anrufe von Kunden, denen ich einen VW verkauft habe. Aber ich habe auch keine Information, die ich ihnen weitergeben könnte. Volkswagen Spanien hat auch nicht viel geholfen."

Joaquín Cardenas, Autohändler

Der SEAT-Chef hätte vor einigen Tagen die Chance gehabt, bei einem Autosymposium Stellung zu nehmen, sagte aber kurz vorher ab und ließ Experten enttäuscht zurück. Diese Experten sehen SEAT als Spielball innerhalb des Konzerns.

"Ich denke, die entscheidende Frage für SEAT wird sein, welche Rolle sie innerhalb des Konzerns spielen werden und welche Strategie VW allgemein als Antwort auf die Krise wählen wird. Wenn Volkswagen nun entscheiden würde, mehr auf elektrische Antriebe und kleinere Fahrzeuge zu setzen, und wenn VW SEAT dafür Bedeutung beimisst, dann könnte das gut für SEAT sein."

Mike Rosenberg, IESE Business

Doch auch diese Perspektiven sind nicht mehr als reine Spekulationen. Die Region setzt voll auf SEAT und den Ausbau. Die katalanische Regierung hat gerade erst ein neues Ausbildungszentrum eröffnet, 20 Millionen Euro teuer, speziell für die Branche, damit immer genug Fachkräfte bereit stehen. Doch die Mitarbeiter von morgen haben jetzt Angst.

"Ich bin natürlich besorgt. Wir machen hier eine Weiterbildung, um in dem Bereich zu arbeiten. Doch wenn sie weniger produzieren, streichen sie auch beim Design. Und das trifft uns dann natürlich direkt."

Tania Ciutad, Kursteilnehmerin

Xavier Fonollosa

Der einzige Gesprächspartner, der auf den ersten Blick positiv in die Zukunft schaut, ist der Bürgermeister von Martorell: Xavier Fonollosa ist verantwortlich für 28.000 Einwohner, von denen die meisten bei SEAT oder einem Zulieferer arbeiten.

"Das ist eine Marke, die jugendlich rüberkommt und gut ankommt. Der Großteil der Autos wird exportiert. Deshalb kann ich mir nur schwer vorstellen, dass SEAT dem VW-Konzern Probleme bereiten könnte."

Xavier Fonollosa, Bürgermeister

Doch es könnte auch sein, dass Wolfsburg SEAT Probleme bereitet. Je nachdem, wie teuer der VW-Skandal wird, müsste Volkswagen vielleicht doch die für die Spanier so wichtigen Investitionen überdenken.


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