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Norwegen Kampf gegen Wellen und Wetter

Crew-Wechsel. Die Neuen kommen. Die anderen dürfen nach Hause. Lee Kellow, der Verladungschef, sucht seinen Überlebensanzug. Ohne den, kein Flug. Denn er schützt vor Kälte, falls der Helikopter ins Meer stürzt.

Von: Grit Hofmann und Carmen Meyer

Stand: 13.12.2015 | Archiv

Windräder | Bild: BR

Auch der Zweite Offizier Piotr Piekutowski geht auf Heimaturlaub: nach Polen: "Wir verlassen das Projekt. Das nächste Mal kommen wir in einem Projekt in D... in Großbritannien zurück."

Ein Kollege ergänzt: "… mit noch mehr Helikoptern."

Auf Kapitän Cato warten zu Hause in England Frau und drei Kinder. Dann endlich ein Anzug für Lee Kellow: "Die Füße sind ein bisschen klein." Ein Kollege: "Wir machen alles fertig." Lee Kellow: "Ja, sie ernten den Ruhm am Ende."

Denn er wird den Windpark nicht fertigbauen. Nach zwei Wochen ist sein Einsatz zu Ende: Arbeitsteilung, Schichtsystem - hier draußen auf der Nordsee ist alles genau getaktet.

Etwa 1000 Euro kostet allein der Helikopterflug pro Person, dann Taxi, dann Linienflug nach Hause. Die Offshore-Spezialisten sind begehrt und diesen Komfort können sie verlangen.

Zurück bleibt die letzte Windkraftanlage. Nur noch der Rotorstern muss montiert werden. Doch alles steht still: zu viel Wind! Ein teurer Baustopp - mehrere tausend Euro pro Tag. Warten für die Aufbaumonteure, die noch da sind. Die Wetteraussichten: vier Tage - zu starker Wind.

Gut, wer etwas zu tun hat wie die Stewardessen. Sie bereiten die Kabinen für die zehn Neuankömmlinge vor.

Ranklotzen oder zähes Warten - das ist der Rhythmus in der Offshore-Branche. Wer sich daran nicht gewöhnen kann, ist hier falsch.

René Frixel

Der 26-jährige René Frixel ist seit drei Jahren dabei:

"Leute kommen und gehen. Viele können das mit Offshore auch nicht, aufgrund der Wellenbewegung oder weil sie von zu Hause lange weg sind. Das ist verständlich."

René Frixel, Aufbaumonteur

"Es ist nicht so ein Job, wo Du morgens aufstehst, man um acht Uhr in seiner Halle in einer Fabrik ist. Und um 16 Uhr stempelst Du keine Karte ab und fährst wieder nach Hause. So ist das nicht. Du musst halt flexibel sein."

Björn Wolf, Aufbaumonteur

Björn Wolf

Dann völlig unerwartet: Nach nur einem Tag lässt der Wind nach. Mitten in der Nacht geht es los. René Frixel und die Kollegen haben vielleicht drei Stunden, um den Rotorstern 100 Meter hoch auf die Anlage zu heben.

"Wir haben jetzt angeschlagen, die Schrauben gelöst, noch mal geschaut, ob alles sauber ist, dass es keine Rückstände gibt von Schrauben, Muttern und so weiter. Also eigentlich war die Prognose gewesen 'Schlechtwetter'. Und zum Glück haben wir jetzt ein Zeitfenster bekommen von mehreren Stunden. Ja, und jetzt ziehen wir halt den Stern."

René Frixel

Immer wieder ein Erlebnis, mit welcher Präzision der 100-Tonnen-Koloss bewegt wird. In dieser Nacht schaffen sie es in nur zwei Stunden. Die letzte Windkraftanlage ist montiert.

"Gute Nachricht: auch die letzte ist fertig. Alles lief glatt. Schön zu sehen, dass wir alles beendet haben."

Ein Arbeiter

"Ich bin mehr als glücklich, dass alles oben ist. Und perfektes Wetter."

Ein anderer Arbeiter

In fünf Monaten soll dieser Windpark Strom liefern, für 450.000 Haushalte, mehr als etwa die Stadt Frankfurt am Main. Saubere Energie, produziert ohne jeden Kohlendioxidausstoß. Ein bisschen stolz sind die Aufbaumonteure schon. Ihr Park steht. Rückfahrt!

"Wunderbar, weil ich habe wieder etwas Erholung zu Hause. Und dann geht es bald weiter mit dem nächsten Projekt. Aufträge haben wir zur Zeit viele. In Deutschland eher weniger, aber im Ausland auf jeden Fall, da wird es steigen. Gerade in Frankreich läuft gerade ein großes Projekt. Von daher habe ich überhaupt keine Angst."

René Frixel, Aufbaumonteur

60 internationale Spezialisten auf einem Schiff. Sie bauen 80 Windkraftanlagen auf - weit draußen auf der Nordsee. Und sie leben gemeinsam über Wochen. An wohl einem der ungewöhnlichsten Arbeitsplätze der Welt.


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