BR Fernsehen - EUROBLICK


1

Italien Ein Bergdorf im Schatten

Licht statt Schatten - diesen Wunsch haben die Einwohner von Viganella jeden Winter! Knapp drei Monate im Jahr bleibt ihnen die Sonne verwehrt - sie streicht nur darüber und lässt das Dorf in Kälte und Schatten.

Von: Philipp Zahn

Stand: 05.02.2017 | Archiv

Spiegel | Bild: BR

Viganella

Die meisten Kamine rauchen nicht - viele der Einwohner hier im Piemont sind längst in sonnigere Täler geflüchtet! Dabei gibt es Abhilfe - von oben, wo die Sonne scheint! Den Weg dorthin bahnt sich Pierfranco Midali mit einigen Helfern. Er ist Vize-Bürgermeister und eigentlich Lokomotivführer. Die Sonne in sein Dorf holen, aber ist seine Passion.

"Unser Ziel ist ein Felssporn, hoch über unserem Dorf. Dort steht ein Spiegel. Der soll Viganella endlich wieder Licht und Sonne schenken."

Pierfranco Midali, stellv. Bürgermeister

Pierfranco Midali

Auf die Männer wartet eine Stunde strammer Marsch. Sie müssen den Spiegel umrüsten. Die Ausrüstung kommt per Materialseilbahn. Das Antrona-Tal im Piemont ist steil, so steil, dass es nach oben keine Straßen gibt, nur Seilbahnen und enge Saumpfade.

Für die letzten Höhenmeter muss Pierfranco noch einmal anpacken. Der Schaltkasten soll dafür sorgen, dass all die Mühe nicht umsonst ist: 1100 Meter über dem Dorf unten im Tal! Dort steht er, der Spiegel, der ganze Stolz! Acht mal fünf Meter ist er groß. Vor zehn Jahren hat Pierfranco ihn errichten lassen und sich einen Lebenstraum verwirklicht: Licht ins schattige Tal werfen - eine echte Herausforderung für den Technikbegeisterten!

"Das Material reflektiert 95 Prozent des Sonnenlichts. Das ist fast die gesamte Helligkeit. Auf der Reflexionsbahn aber geht dann Lichtkraft verloren, durch Staub- und Feuchtigkeitspartikel in der Luft. Schließlich muss der Lichtstrahl noch einmal einen Kilometer bis ins Dorf zurücklegen."

Pierfranco Midali, stellv. Bürgermeister

Der Schaltkasten ist schon eingebaut, die Mechanik wird noch kontrolliert. Ein Brand hatte die Kontrolleinheit beschädigt. Zwei Jahre lang waren die Schaltkreise kaputt, die hydraulischen Kolben defekt. Der Spiegel stand still und das Dorf blieb im ewigen Schatten. Jetzt aber bewegt er sich und strahlt auf Viganella wieder herab. Der Spiegel erzeugt Schatten, beleuchtet Dächer und Fassaden, die nie das Sonnenlicht gesehen haben - wie das Nordportal der Dorfkirche. Viganella erstrahlt wieder - zum Erstaunen der Einwohner.

Giannino Broggio

Giannino und seine Frau Romina haben diesen Tag lang herbeigesehnt, manch einer kann die Rückkehr des Sonnenlichts noch gar nicht fassen. Nach zwei dunklen Wintern hat Viganella wieder Licht!

"Natürlich ist das hier nicht so stark wie die echte Sonne. Das ist ja nur der Spiegel. Aber dennoch sind wir glücklich, dass er wieder funktioniert."

Candida Mancini

"Dieses Licht wärmt mein Herz. Da passiert etwas, was ich nie für möglich gehalten hätte."

Giannino Broggio

"Das müssen wir feiern, dass wir jetzt auf unserer Piazza im Winter endlich wieder die Sonne sehen."

Romina Trischetti

Noch aber muss Pierfranco Midali feinjustieren. Sein Steuercomputer hat den Lauf der Sonne gespeichert! Per Funkverbindung erhält der Spiegel die Kommandos für die richtige Ausrichtung.

"Der Spiegel macht ganz langsam die gegenläufige Bewegung der Sonne und bewirkt, dass während des Tages das Sonnenlicht immer nur hier auf den Kirchplatz von Viganella reflektiert wird."

Pierfranco Midali, Vizebürgermeister Viganella

Doch das reicht Midali nicht. Er will jetzt die Sonne auch in die letzten Ecken seines Dorfes bringen. Damit ganz Viganella auch im Winter wieder zu Leben erwacht!


1