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Großbritannien Wo reiche Russen ihr Geld bunkern

Londongrad wird die britische Hauptstadt auch gerne genannt: viele Russen suchen hier ein Leben, das sie in ihrer Heimat nicht führen können – und investieren kräftig in die Stadt.

Von: Julie Kurz

Stand: 15.04.2018 | Archiv

Die Tower Brigde in London | Bild: BR

Roman Grigoriev

Nein, es bedarf wirklich nicht viel Phantasie, wo und wie man in London sein Geld schnellsten loswerden kann. Und an den feinsten Adressen trifft man gerne auch auf Exil-Russen: Londongrad nennt mancher deshalb schon die Metropole an der Themse, Spielplatz der reichen Oligarchen. Bezeichnenderweise nennt sich dieser russische Weinladen im schicken Mayfair Hedonismus. Und er, Roman Grigoriev, hat für seine Kunden eine Karte designt mit den Hotspots für reiche Russen. Er hilft Neuankömmlingen, sich auf der Insel zu Recht zu finden, und berät bei Investitionen:

"Es gibt viele Gründe, warum Russen London lieben, zum Beispiel die Bildung: Großbritannien hat die besten Privatschulen der Welt. Und viele wollen hier eben auch investieren. Es geht darum Geld zu sichern, denn das ist in London deutlich besser aufgehoben als in Russland, denn keiner kann dir hier das Geld einfach wieder wegnehmen, wenn es erstmal in Beton gegossen ist."

Roman Grigoriev, Unternehmer LonGrad

Zig Milliarden wurden deshalb in den vergangenen Jahren in London investiert. Doch woher kommt das ganze Geld? Anti-Geldwäsche-Organisationen wie ClampK recherchieren das seit langem. Und sie kommt zu dem Schluss: nicht wenig wurde schlichtweg gestohlen. Deshalb hat sie die Kleptotour ins Leben gerufen, eine Sightseeing-Tour durch London, vorbei an Immobilien, die zur Geldwäsche genutzt wurden. in diesen Tagen können sie sich vor Journalistenanfragen kaum retten. Deshalb gibt’s eine Sondertour: "Hier auf der linken Seite kommen wir an Whitehall Court vorbei: die zwei Wohnungen 138 A und 138 B kosten 11,4 Millionen und sie gehören mehreren Offshore-Unternehmen. Aber hinter denen wiederum steckt Igor Schuwalow, stellvertretender Premier unter Putin. Er hat ein Jahresgehalt von 112.000 Pfund. wie er sich so eine Wohnung leisten kann?"

Verschleierung, Korruption: eine verdächtige Immobilie reiht sich an die nächste in Londons Top-Location:

"Was alle russische Oligarchen in London gemein haben, ist dass sie ihr Geld dank Transaktionen mit der russischen Regierung erworben haben. Entweder haben sie etwas dem Staat teuer verkauft oder für Pennies gekauft im Zuge von Privatisierungen."

Roman Borisovich, Anti-Geldwäsche-Organisation ClampK

Das schmutzige Geld wird nach London geschoben, sowohl von Putin-Freunden, die lieber ihr Geld außer Landes bringen und dem eigenen Rubel nicht trauen, aber auch von Putin-Gegnern, die bereits beim Zerfall der Sowjetunion Geld gescheffelt haben und dann in Ungnade fielen. Beide Seite waren in London immer herzlich willkommen. Woher das Geld kam interessierte nie so wirklich.

Valery Morozov

Das ärgert Valery Morozov. Er floh aus Russland, weil er die Korruption des russischen Staats aufdeckte: Und doch alte Konflikte aus Russland findet er auf der Insel wieder:

"Da kommen die, die nie wirklich gearbeitet haben, und haben plötzlich Milliarden. Und die Briten lassen die hier einfach wohnen. Und das begründen sie dann meinetwegen damit, dass das ein Putin-Gegner ist. Dagegen gibt’s ja auch erstmal nichts zu sagen, aber sie kommen trotzdem häufig auch aus einer kriminellen Welt, Und sie bringen ihre kriminelle Welt hierher, mit ihren kriminellen Werten und Einstellung."

Valery Morozov, Exil-Russe

Auch er selbst kann die Vergangenheit hier nicht abstreifen. Erst kürzlich bekam Morozow eine anonyme Todesdrohung. Die Geschichten, die in dieser Zeit auf der Insel zirkulieren, sie klingen nach haarsträubenden Agententhrillern: Mordversuche und ungeklärte Tode. Um das einzudämmen, müsste die britische Regierung jetzt wirklich das umsetzen, was sie angedroht hat, meint Morozov: Jenen soll das Geld eingefroren werden, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden:

"Sie müssen auch alte Fälle wieder aufrollen, denn die Tatsache, dass so lange nicht kontrolliert wurde, welche Gelder ins Land kommen, hat die mächtigen Kriminellen nicht nur in London gestärkt, sondern letztlich auch ihre Verbindungen nach Russland."

Valery Morozov

Auch auf der Bustour wird diskutiert, was jetzt geschehen soll. Bereits seit 2017 gibt ein Gesetz, dass ausländische Anleger dazu verpflichtet ihre Geldquellen offenzulegen. Dieser legale Hebel müsste vor allem umgesetzt werden:

"Am Ende kann nur die britische Gesellschaft das ganze verändern. Vielleicht sagt sie ja wirklich: Genug ist genug! Wir wollen keine Giftanschläge mehr wie in Salisbury!"

Roman Borisovich, Anti-Geldwäsche-Organisation ClampK

Doch das hieße eben auch, auf eine lukrative Einnahmequelle zu verzichten. Bislang hat nicht nur die Regierung beide Augen zu gedrückt, sondern auch genügend britische Immobilienmakler und Geschäftsmänner. Sie haben gerne davon mitprofitiert, wenn die Russen mit Bargeldbündeln durch Londongrad zogen.


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Kommentieren

Gabriel Lauchard, Dienstag, 17.April 2018, 15:10 Uhr

1. meine Meinung

Aüßerst interessanter und aufschlussreicher Bericht und Artikel !!! Der Rolls Royce passt da ja wunderbar zu den neureichen Russen und Protzern dazu !