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Frankreich Hobby-Bergsteiger auf dem Montblanc

Drei Uhr morgens auf 3800 Metern Höhe: Hier im Refuge du Goûter, einer der modernsten Berghütten Europas, brechen sie auf. Auch an diesem Tag sind es über hundert, die von hier auf den Mont Blanc steigen wollen. Sie kommen aus Frankreich, Polen oder den USA.

Von: Susanna Dörhage

Stand: 05.03.2017 | Archiv

Bergsteiger in der Nacht | Bild: BR

Auch Naomie und Andrew wollen den fünfstündigen Aufstieg wagen. Sie sind Australier:

"Warum nicht? Das ist der höchste Berg Europas. Den Mont Blanc, den können wir auch allein besteigen, ohne Bergführer."

Andrew Maytom, Hobbybergsteiger Australien

1000 Meter Aufstieg haben sie vor sich. Allein. Andrew und Naomie meinen, ihr fünftägiger Kletterkurs in Peru reiche aus, um nun den Mont Blanc zu bezwingen. Ein gefährlicher Weg, den viele unterschätzen, denn man braucht die Kraft eines Marathonläufers. Plötzliche Wetterumschwünge, Steinschlag und Gletscherspalten machen den Mont Blanc zusätzlich gefährlich. Mehr als 200 Tote gab es in den letzten zehn Jahren im Mont Blanc-Massiv.

"Eine russische Frau ist dort oben von ihren Kameraden allein gelassen worden, weil sie den Weg vom Gipfel wieder zurück nicht geschafft hat. Bis die Rettungsmannschaften da waren, war die Frau tot. So etwas darf einfach nicht mehr passieren."

Jean-Marc Peillex, Bürgermeister Saint-Gervais-les-Bains

An diesem Morgen kommt kein Tourist bis ganz nach oben. Böen von mehr als 80 Stundenkilometern bei einer Temperatur von minus 25 Grad machen den Aufstieg unmöglich. Auch Naomie und Andrew mussten in der letzten Hütte vor dem Gipfel haltmachen. Naomie ist komplett durchgefroren. Trotzdem wollen die beiden nicht aufgeben: "Wir wollen wirklich ganz nach oben. Wir warten ein bisschen, wir schauen mal..."

Jean-Marc Peillex

Auf einer Höhe von 4400 Metern zu warten, ist aber hochgefährlich, denn es können sich Ödeme in den Lungen oder im Gehirn bilden. Dennoch harren manche Touristen sogar mehrere Nächte in der Hütte aus, in der Hoffnung, doch noch ganz nach oben zu kommen. Ein verantwortungsloses Verhalten, meint der Bürgermeister:

"Der Mont Blanc ist ein Konsumgut geworden. Die Leute gehen auf den Mont Blanc, so wie sie ins Kino gehen oder so wie sie einen einfachen Spaziergang machen. Der Mont Blanc ist ein ganz banales Produkt geworden, das in Reiseagenturen angeboten wird. Und genau deshalb, weil es nur um die finanziellen Anreize des Mont Blanc geht, deshalb haben wir all diese Probleme."

Jean-Marc Peillex, Bürgermeister Saint-Gervais-les-Bains

Michel Pierre

Der Bürgermeister will, dass die Zahl der Touristen auf dem Mont Blanc begrenzt wird und dass sie nur noch mit Bergführer hinauf dürfen. Mit solchen Forderungen ist er aber allein. Die meisten im Tal wollen nicht, dass strengere Regeln eingeführt werden. Sogar der Chef der Rettungsmannschaften ist dagegen:

"Der Mont Blanc, das ist ein Mythos. Die Leute kommen aus der ganzen Welt, um da hinaufzusteigen. Sollen wir denen etwa sagen, wir bauen eine Seilbahn auf den Berg? Dann würden weit weniger Touristen hierherkommen."

Michel Pierre, Bergrettung Annecy

Naomie und Andrew geben letztlich doch auf und kehren ins Refuge du Goûter zurück. Sie sind enttäuscht, dass sie es nicht geschafft haben:

"In der Hütte, da haben die anderen uns gesagt, ihr könnt nicht weiter. Der Wind ist zu stark und der Grat, auf dem ihr gehen müsst, ist zu steil. Da kommt ihr nicht lebend zurück."

Naomie Abdallah

"Wir sind bisher nur auf Berge gestiegen mit Temperaturen von minus fünf oder minus acht Grad. Solche Temperaturen wie hier sind wir nicht gewohnt."

Andrew Maytom

"Wir sind eben Australier!"

Naomie Abdallah

Andere haben mehr Glück. Sie haben sich erfolgreich durch die Nacht auf den Mont Blanc gequält. Schon am nächsten Tag sind wieder Dutzende ganz oben. Stolz werden sie von der phantastischen Aussicht berichten. Und hunderte neue Touristen auf den Gipfel locken....


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