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Belgien Sammelklagen gegen VW

Das ist Uwe Schoop aus Deutschland mit seinem VW-Golf. Und das ist Alain Puttaert aus Belgien mit seinem VW-Sharan. Beide haben ein Auto, in das der VW-Konzern betrügerische Software eingebaut hat, um bei den Abgaswerten zu tricksen. Und beide Kunden ärgern sich.

Von: Katrin Mattaei

Stand: 04.12.2016 | Archiv

VW-Logo | Bild: BR

"Das ist, wie wenn ich Gold kaufe und dann merke, dass es nur vergoldet ist. Wenn VW hier gelogen hat, wer sagt mir dann, dass die nicht noch woanders am Auto getrickst haben? Meine Sicherheit liegt in deren Händen. Ich bin enttäuscht."

Alain Puttaert, geschädigter VW-Kunde

"Na, wir schauen in die Röhre, bis jetzt. Wir bekommen gar nichts. Die Amerikaner werden richtig saftig entschädigt für den Betrug, den VW angezettelt hat."

Uwe Schoop, geschädigter VW-Kunde

Alain Puttaert

Beide Kunden gehen vor Gericht gegen den Giganten aus Wolfsburg – der hat viel Geld und Zeit und Topanwälte. Der Deutsche hat den Papierkrieg, das Prozesskostenrisiko und kämpft allein mit seinem Anwalt. Der Belgier beteiligt sich einfach an einer Sammelklage zusammen mit rund 3300 weiteren VW-Kunden. Das geht in Belgien, ähnlich wie in den USA.

"Ich habe keinen Papierkram, keine Kosten, musste mich nur online bei unserer Verbraucherorganisation melden. Und die vertritt mich vor Gericht."

Alain Puttaert, geschädigter VW-Kunde

Und so sieht die Seite von testachats aus: Nur den Namen eintragen, Automodell, Kaufdatum – und los geht’s. Testachats prüft alles und nimmt die Kunden in die Sammelklage auf. Und übernimmt auch alles Weitere, erklärt uns Julie Frère. Bald entscheidet das Gericht, ob es die Klage annimmt. VW drohen saftige Entschädigungen.

"Wir stützen unsere Klage auf ein Gesetz, das Betrug verbietet. Und laut diesem Gesetz hätten die geschädigten VW-Kunden Anspruch darauf, ihr Auto zu behalten und zusätzlich den Kaufpreis des Autos zurückzubekommen."

Julie Frère, belgische Verbrauchorganisation testachats

Alexander Dobrindt

Solche Sammelklagen gegen VW laufen außer in Belgien gerade auch in Italien, Spanien, und demnächst in Portugal. In Deutschland gibt es immer noch kein Gesetz für Sammelklagen. Er wollte das einführen: Bundesjustizminister Heiko Maas hat es aber vorerst gelassen. Und so kann er sich auf Formalien zurückziehen: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt.

"Es gibt dazu keinen Vorschlag, der verhindert werden hätte können, weil keiner vorgelegt worden ist."

Alexander Dobrindt

Für den Minister ist die Umrüstung der Mogelautos aus dem Hause VW ohnehin Entschädigung genug. Schließlich würden sie dann ja die Abgasnormen einhalten – angeblich ohne Spritmehrverbrauch und ohne Leistungsverluste

Wirklich? Die italienische Verbraucherorganisation Altroconsumo hat einen Audi Q5 testen lassen: Ergebnis: Auch nach der Umrüstung liegen die Stickoxide 25 Prozent über dem erlaubten Wert.

Dobrindt stellt sich unbeirrt vor den VW-Konzern. Und die Deutschen warten weiter auf ein Gesetz zur Sammelklage. Wenigstens macht EU-Verbraucherkommissarin Vera Jourova politischen Druck auf VW, zitiert Vorstand Garcia Sanz nach Brüssel. Rechtlich kann sie nicht gegen den Konzern vorgehen. Ihre Behörde prüft jetzt aber, ob es künftig eine einheitliche europäische Sammelklage geben soll.

"Unser Ziel ist, dass Kunden in ganz Europa fair behandelt werden. Uns bereitet das schon Sorge, dass es so unterschiedliche Behandlungen durch Volkswagen gibt. Und das ist der Grund, warum wir diese Initiative gestartet haben."

Christian Wigand, EU-Kommission

Klingt gut. Nur: Auch Deutschland müsste dem zustimmen. Alain Puttaert muss das nicht kümmern: Der VW-Kunde aus dem kleinen Belgien kann es schon heute mit dem großen VW-Konzern aufnehmen.


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