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BR Krach machen muss gelernt sein

In Bayern ist – besonders auf dem Land – das Böllerschießen ein vertrauter Brauch: Feiertage, die Ehrung von Vereinsmitgliedern - es gibt tausend Anlässe, es mal so richtig krachen zu lassen. So ganz ungefährlich ist der Spaß aber nicht.

Von: Frieder Käsmann

Stand: 10.06.2018 | Archiv

Handböller nah | Bild: BR

Wenn es so richtig laut kracht, freut man sich überall in Bayern: rund 10.000 Böllerschützen üben hierzulande den traditionellen Brauch des Böllerns aus: Schießen, ohne dass ein Geschoss den Lauf verlässt. Die Hauptsache: Laut!

Anlässe gibt es genug: Feiertage und Volksfeste, Hochzeiten und Geburtstage, man ehrt Honoratioren oder begleitet Menschen auf ihrem letzten Weg. Doch einfach losböllern ist nicht.

"Wenn Sie einen Fehler beim Umgang mit ihrem Gerät machen, war es das letzte, was sie getan haben. Sind Sie so gut, bitte passen Sie immer auf!"

Sebastian Steinmetz

Diese Warnung wird Sebastian Steinmetz heute noch oft aussprechen. Dabei geht‘s doch nur um einen Böllerkurs, Brauchtumspflege also. Warum da jeder Fehler fatale Folgen haben kann, liegt am Inhalt dieser unscheinbaren Pappschachtel:

"Explosivstoff! Sprengstoff! Richtig gefährlich! Es handelt sich um Schwarzpulver einer besonderen Art für unser Hobby, das wir heute hier neu den Leuten beibringen wollen: das Böllerschießen."

Sebastian Steinmetz

Lieble junior

Sieben gestandene Mannsbilder sind es heute, die hier im Vereinshaus der "königlich privilegierten Hauptschützengesellschaft Würzburg" mal wieder die Schulbank drücken, um das fachgerechte Böllern zu erlernen.

"Also, ich hab das früher als Bub mal mit meinem Vater gesehen, wie wir in Bayern unten waren: Es hat mich einfach fasziniert, die Herren da vorn zu sehen, wie sie mit den Böllern dastehen, schießen und einfach dieser Krach."

Lieble junior

Aber bevor man es so richtig krachen lassen kann, gibt‘s erst mal Theorie, Theorie und nochmals Theorie - und immer wieder:

"Wenn sie etwas falsch machen, ist das immer sehr gefährlich."

Sebastian Steinmetz

Unterrichtsstoff: alles rund ums Böllerschießen: vom Pulvererwerb über die Gesetzeslage bis hin zum eigentlichen Schießen und natürlich das Vermeiden von Unfällen durch unsachgemäßes Hantieren, Transportieren oder Lagern.

"Ein Unfall mit Pulver bei ihrem Böllergerät ist verheerend."

Sebastian Steinmetz

Und das demonstriert Kursleiter Sebastian Steinmetz wenig später höchst überzeugend.

Übrigens: Voraussetzung für eine Kursteilnahme ist: Man darf nichts auf dem Kerbholz haben, muss körperlich und geistig gesund und Mitglied in einem Traditionsverein sein.

Und dann endlich: die Praxis:

"Wir schießen also jetzt einen Handböller. Wir schießen den Handböller in den sicheren Bereich in diese Richtung da. Ich werde es so vorführen, wie wir es später bei der praktischen Prüfung auch machen."

Sebastian Steinmetz

Aber praktizieren darf leider nur der Kursleiter: Erst in der Prüfung dürfen die angehenden Böllerschützen zum ersten Mal selbst schießen! Vorher üben ist nicht: Aber dafür wird alles bestens erklärt und vorgemacht - und laut wird's auch schon mal.

"Drehen Sie bitte mal ein Stück auf die Seite. Achtung! Senkende Böller und die Menge jubelt!"

Sebastian Steinmetz

Und dann: die Prüfung. Die Prüfung selbst dürfen wir nicht filmen, schließlich soll ja niemand gestört werden. Und nach der Theorie zermürbende Minuten für die Prüflinge auch vor der Praxisprüfung:

"Man denkt ruckzuck, man ist so in der dritten Klasse, ne, und hat das gleiche Lampenfieber, obwohl man eigentlich vorbereitet ist."

Wagner

Immerhin der allererste selbstabgefeuerte Schuss!

"Das ist einfach der erste Schuss, wo der kommt, der ist so unwillkürlich, ne."

Lieble senior

"Und auch diesen Rums in der direkten Nähe mal zu spüren - das war schon toll."

Lieble junior

Und dann, endlich:

"Das Schriftstück der Begierde!"

Wolfgang Thoma

Obwohl alle bestanden haben, schießen dürfen sie noch lange nicht! Kurs und erfolgreiche Prüfung berechtigen nur dazu, den Böllerschein zu beantragen! Und der kommt frühestens in acht Wochen. Kann man nur hoffen, dass bis dahin keiner vergessen hat, was er heute bei Herrn Steinmetz gelernt hat.


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