BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


5

BR Das Alpenschwein kehrt nach Bayern zurück

Das Alpenschwein – der "Slow Food"-Bewegung sei Dank, ist es jetzt wieder öfter im Alpenraum zu sehen, auch in Bayern. Es suhlt sich im Dreck, badet in Bächen, spaziert über Wiesen und hat für ein Schwein ein relativ langes Leben.

Von: Anita Bach

Stand: 16.09.2018 | Archiv

Schweine | Bild: BR

Sie sind äußerst selten und waren in Bayern bereits ausgestorben, die schwarzen und gescheckten Alpenschweine.

Franz Kuchlbauer

Wir sind auf dem Kederbachlehen in Ramsau bei Franz Kuchlbauer. Zwei Muttersauen und einen Eber hat der Bergbauer aus Südtirol geholt, mittlerweile gibt es Nachwuchs. Er hat sich einem Netzwerk angeschlossen, das sich für ein Erhaltungszuchtprogramm der alten Rasse engagiert:

"Wir machen da mit, weil mir die Sauen gefallen. Zweitens, weil sie früher da schon mal heimisch waren und dass man solchen Rassen eine Chance gibt, dass sie wieder da heimisch werden dürfen. Und weil es auch neue Wege der Vermarktung gibt, die man mal probieren kann, einmal was rares, wo auch der Konsument, der Verbraucher gewillt ist, dass er mehr zahlt dafür."

Franz Kuchlbauer

Die Rasse ist nicht geeignet für eine schnelle Mast im Stall. Diese Schweine brauchen Auslauf. Ein doppelter Zaun ist Vorschrift, wegen der Gefahr der Schweinepestübertragung durch Wildschweine. Für den Landwirt ist die Freilandhaltung aufwändig. Doch die Tiere fühlen sich sauwohl. Sie baden und wühlen gern. Das Gelände im Tal ist dafür ideal.

Wie alle Bergbauern ist Franz Kuchlbauer eigentlich Milchbauer, bis ihm ein Buch in die Hände fiel und er auf die Sauen kam. Ein Aktivist vom Netzwerk Pro Patrimonio Montano in Südtirol hat es ihm geschenkt und ihn von den Alpenschweinen überzeugt.

Einen Teil der Ferkel hat er vor kurzem vom Tal auf die Alm gebracht, weg vom Eber. Sie sollen sich noch nicht fortpflanzen. Doch hier oben dürfen die Tiere nicht frei rumlaufen. Die Almwirtschaft ist staatlich geregelt und das Weiderecht gilt nur für Kühe. Doch trotz der Vorschriften: Die Schweine auf der Alm sind praktisch und nützlich. Den ganzen Sommer über gibt es ein besonderes Futter für die Tiere – sozusagen ein kostenloses Nebenprodukt der Almwirtschaft: Die Sennerin macht alle paar Tage Butter und Käse, übrig bleibt: Magermilch und Molke.

"Das wird jetzt der Schüsselkäs und das, was durchtropft, das ist die Molke und die kriegen unsere Schweine."

Uschi Heidenthaler

Doch bis ein Alpenschwein schlachtreif ist, dauert es fast dreimal solange wie bei einem modernen Mastschwein – völlig unrentabel für einen Landwirt, deshalb sind die Tiere auch fast ausgestorben.

Hannes Lichtmannegger

Aber wie rechnet sich das bei Franz Kuchlbauer? Er hat einen Sponsor: Hotelier Hannes Lichtmannegger zahlt ihm 40 Euro monatlichen Unterhalt pro Schwein, dafür gehören die schlachtreifen Tiere dann ihm. Seine Devise: Eine alte Rasse erhalten durch Aufessen.

Das erste Schwein wurde geschlachtet – mit 15 Monaten. Doch unangenehme Überraschung für den Koch: das Fleisch ist ziemlich fett. Früher waren die Alpenschweine gefragt, gerade wegen der dicken Speckschicht, sie ist schmackhaft und hat vor allem satt gemacht. Heute kann der Koch nur hoffen, dass die Fettschicht beim Braten etwas schrumpft. Mal schauen! Freunde und Bekannte sind zum Testessen eingeladen: Nach über 110 Jahren kommt in Ramsau erstmals wieder ein Alpenschwein auf den Teller.

"Was ich natürlich in der Früh gesehen habe, wie der Metzger das Fleisch gebracht hat und auch jetzt auf dem Teller, dass ein sehr großer Fettanteil drauf ist. Das überrascht mich jetzt ein bisschen, weil ich mir denk: das kann eigentlich nicht sein, weil die sehr viel draußen sind, unterwegs sind. Ich hätt jetzt sehr viel mehr Muskelfleisch erwartet, aber das ist nicht. Das hat einen guten Biss, es ist kernig und auch vom Geschmack her ist es anders als ein anderes Fleisch. Das Fett ist sehr gut, das ist wirklich ein kerniges Fett. Das ist nicht weich, das hat Geschmack, sehr fein. Also betriebswirtschaftlich wird’s eher nicht der Bringer werden. Aber wenn wir immer nur das so machen würden, dass es sich rechnet, dann wird‘s bald nichts mehr anderes geben wie das, was man kennt. Und das wollen wir nicht."

Hannes Lichtmannegger

Vielleicht hat‘s der Landwirt zu gut gemeint bei der Fütterung, dass das Schwein so fett, so feist, geworden ist.

"Die Sau, freilich war die feister, als wir vielleicht gemeint haben. Aber wir werden darauf reagieren. Die Rationen kann man ja halbieren; sie kriegen schon was, aber nimmer so viel."

Franz Kuchlbauer

Aufgeben wird er die Wiedereinbürgerung der Alpenschweine also nicht. Franz Kuchlbauer besitzt inzwischen über 40 Tiere. Und in Tittmoning im Landkreis Traunstein gibt es bereits einen zweiten Landwirt, der die alte Rasse erhält.


5