BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


3

Rai Südtirol Wellness anno dazumal

Nostalgie kommt auf, wenn in den Alpen vom so genannten Badl-Tourismus die Rede ist – von den hautsächlich bäuerlichen Kur- und Heilbädern, die früher viele Menschen angezogen haben: Kranke, aber mitunter auch Gesunde, die einen – sozusagen frühen – Wellness-Urlaub einlegen konnten.

Von: Manuela Reiter

Stand: 27.01.2019 | Archiv

Ultental | Bild: BR

Das Ultental war lange Zeit bekannt für seine vielen Heilbäder. Das früheste dokumentierte Heilbad im ganzen Alpenraum war dabei Bad Mitterbad in St. Pankraz in Ulten. Bereits 1829 besuchen in der Badesaison über 2000 Gäste das Bad, darunter auch der junge Otto von Bismarck – vor seiner Zeit als Deutscher Reichskanzler, und nicht zuletzt Kaiserin Elisabeth von Österreich.

Christoph Gufler

Um jene Zeit hatte das gesuchteste Bad Tirols bereits mehrere Speise- und Tanzsäle, ein Kaffeehaus, 23 Bäder, 46 Zimmer und eine eigene stattliche Kapelle. Auch Trinkkuren wurden angeboten. Um 1900 sollen 360.000 Flaschen Mineralwasser abgefüllt worden sein.

"Das Wasser in Mitterbad ist vor allem eisenhaltig, aber es enthält auch Spuren von Arsen und Schwefel. Hier hat man alle möglichen Schwächen und Gebrechen kuriert: Magenkrankheiten, Nerven, Glieder … kurz: man wollte Körper und Geist stärken und reinigen. Viele Gäste kamen auch nicht wegen ernster Beschwerden hierher, sondern für eine Trinkkur und um einige heitere Wochen zu genießen."

Christoph Gufler, Heimatkundler

Bad Mitterbad verdankt seinen europaweiten Ruhm auch dem bekannten und beliebten Wiener Kurarzt Christoph Hartung von Hartungen, der die besser gestellte Gästeschicht in Mitterbad betreute.

"Dieser Arzt, Christoph Hartung von Hartungen, muss eine faszinierende Persönlichkeit gewesen sein. Er verfolgte einen ganzheitlichen medizinischen Ansatz mit Naturheilverfahren und Psychologie. Das hat ihn sehr beliebt gemacht – bis hinauf in die höchsten Kreise des Kontinents."

Christoph Gufler

1903 baut Dr. Christoph von Hartungen in St. Nikolaus ein Lungensanatorium: Die Villa Hartungen, ganz in Zirbelholz errichtet, wird ebenso zum Anziehungspunkt zahlreicher prominenter Gäste, darunter die Schriftsteller-Brüder Heinrich und Thomas Mann, Franz Kafka, Christian Morgenstern, der Maler Franz Defregger, Sigmund Freud oder der Begründer der Waldorfschule, Rudolf Steiner.

Bernadette Schwienbacher, Heilpraktikerin, stammt aus einem kleinen Dorf im Ultental. Sie wuchs naturverbunden mit 14 Geschwistern auf einem Bergbauernhof auf. Durch die Heilmethoden des bekannten Kurarztes fühlt sie sich heute noch eng mit ihm verbunden. Die Heilpraktikerin hat die Villa des Arztes von Hartungen für Gäste und Kursuchende wiedereröffnet.

Bad Mitterbad

Während Villa Hartung zu neuem Leben erweckt wird, verfällt Bad Mitterbad seit Jahrzehnten zunehmend. Nach dem Ersten Weltkrieg waren alle Versuche, den Badebetrieb erneut zu beleben, vergebens. Schließlich erlischt er endgültig und das Bad schließt.
Und doch bleibt die Hoffnung, dass die jahrhundertelange Tradition noch nicht endgültig begraben ist …


3