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Gesundheit! Pflegechaos trotz Reform?

junge Hände halten alte Hände  | Bild: colourbox.com

Dienstag, 30.07.2019
19:00 bis 19:30 Uhr

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2019

Ab Januar 2017 sollte in der Pflege vieles besser werden. Denn damals trat die bedeutendste Pflegereform der letzten Jahre in Kraft. Demenzkranke haben seitdem den gleichen Anspruch wie dauerhaft körperlich Erkrankte. Außerdem sollten auch Menschen Pflegeleistungen bekommen, die nur einen geringen Hilfebedarf haben. Die Pflegestufen wurden von Pflegegraden abgelöst.

Etwa fünf Milliarden Euro zusätzlich stehen seitdem zur Verfügung, damit Pflegebedürftige und deren Angehörige besser unterstützt werden.
Soweit die Theorie. Doch wie sieht die Praxis aus? Kommt der zusätzliche Pflegeanspruch bei den Bedürftigen an? Immer noch gibt es absurde Fälle wie der von der 93-jährigen Margarethe Hinz. Seit Monaten hat die Bernburgerin ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Sie leidet unter Arthrose im Hüftgelenk und beginnender Demenz. Eigentlich ist sie ein Fall, der durch die Reform bessergestellt werden sollte. Und dennoch entschied der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), dass sie keinen Anspruch auf Pflegegeld habe. Erst eine teure Pflegeberaterin verhalf der Seniorin zum Pflegegrad.

Seit 2017 hat sich das gesamte Begutachtungssystem verändert. Antragsteller auf Pflegeleistung werden vom MDK eingestuft. Durch die Reform gibt es deutlich mehr Arbeit. Dazu wurden bundesweit 300 neue Mitarbeiter eingestellt.

250.000 Menschen bekommen seit der Reform zusätzliche Leistungen. Wie läuft es bei den Pflegediensten? Nichts hat sich seitdem am Personalengpass geändert. Im Gegenteil. Die Autorin Christin Simon begleitet einen ambulanten Pflegedienst auf dem Lande in Thüringen. Chefin Brigitte Schölzke muss fast täglich Patienten absagen, weil sie keine Kapazitäten mehr hat. So bleiben Pflegebedürftige teilweise unversorgt. Den Angehörigen fehlt die notwendige Entlastung.

Immer wieder wird gefordert, dass der Pflegeberuf attraktiver werden muss. Durch das Pflegestärkungsgesetz III dürfen Pflegeeinrichtungen höhere Personalkosten einfacher durchsetzen. Kostenträger wie Pflegekassen und Sozialämter müssen das akzeptieren. Doch wer zahlt am Ende wirklich für die Erhöhungen? In Oschersleben werden die Heimbewohner zur Kasse gebeten, weil die Kasse nicht bereit ist zu zahlen.

Kommen Geld und Pflegeleistungen bei den Patienten an, oder sind es nur Versprechungen, die gut klingen? Dazu äußert sich auch der Pflegewissenschaftler Dr. Klaus Wingenfeld von der Uni Bielefeld, der das neue Begutachtungssystem mit entwickelt hat.

Redaktion: Björn-Christoph Bugl

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