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2023 im Kino Letzte Runde

In Deutschland und Russland wird gleich viel getrunken: mehr als 10 Liter reiner Alkohol pro Kopf und Jahr. Zwei Deutsche und zwei Russen sind „funktionierende“ junge Alkoholiker. Alle vier versuchen mit dem Trinken aufzuhören. Trinken ist derart mit unserem Alltag verschmolzen, dass wir blind dafür geworden sind: Solange wir funktionieren, trinken wir. Solange wir trinken, funktionieren wir. Wie kann es gelingen diesen Mechanismus zu durchbrechen?

Stand: 25.04.2023

isa und Mola. | Bild: Leykauf Film/Pius Neumaier

In Deutschland werden laut WHO 13.4 Liter reiner Alkohol pro Kopf im Jahr getrunken. In Russland sind es im gleichen Zeitraum 11 Liter.

Der Film beobachtet vier „funktionierende“ junge Alkoholiker – zwei Frauen und zwei Männer, jeweils zwei in Deutschland und in Russland. Sie führen ein normales Leben, nur wenn man sie genauer beobachtet, merkt man, dass alle vier alkoholabhängig sind. Trotz sehr unterschiedlicher Lebensrealitäten und Gründe für ihre Sucht gewähren die Protagonisten einen Einblick in die Mechanismen der Abhängigkeit und zeigen mit ihren Erfahrungen die Sackgassen und die Auswege aus der Sucht, die überall auf der Welt ähnlich sind.

Filmdaten

Regie: Elizaveta Snagovskaia
Drehbuch: Elizaveta Snagovskaia
Redaktion: Claudia Gladziejewski (BR), Thomas Beyer (MDR federführend)
Produktion: Eine Produktion der Leykauf Film (Produzentin: Nicole Leykauf), in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Fernsehen und Film München, in Koproduktion mit MDR und BR, gefördert durch den FilmFernsehFonds Bayern

Boris ist erst 27 und arbeitet als Koch in der russischen Provinzstadt Tambov. Er trinkt aus Langeweile, obwohl er weiß, dass der Alkohol seine dürftige Existenz immer mehr ruiniert. Er schafft es, neun Monate nicht zu trinken, doch das Gefühl, nichts Grundsätzliches in seinem Leben ändern zu können, wird er nicht los. Seine neue Stelle als Chef-Koch könnte allerdings der Beginn eines Bewusstseinswandels sein – vielleicht braucht es nicht viel mehr, als eine feste Aufgabe im Leben, um auch das Trinken zu beherrschen?

Lisa wohnt in München, ist 35, arbeitet als Moderatorin, träumt aber von einer großen Schauspielkarriere. Sie vermutet, dass ihre Misserfolge in Beruf und Liebe am Alkohol liegen. Nach nur zwei Monaten Nüchternheit gibt sie auf, der Alkohol macht ihr einfach zu viel Spaß. Bis zum Ende des Films hält sie an der Hoffnung fest, einen Mittelweg zwischen Absturz und Abstinenz zu finden. Denn ganz ohne Alkohol zu leben, würde bedeuten, der Realität der eigenen Träume ins Auge sehen zu müssen.     

                                                               
 Jenya aus St. Petersburg ist 42 und schafft es kaum, ihr Gymnastik-Studio am Laufen zu halten. Ihre beiden kleinen Söhne rauben ihr viel Kraft und sie will ernsthaft aufhören zu trinken. Sie besucht verschiedene Therapien, Hypnose, Meditationen und will gründlich verstehen, warum sie den Alkohol braucht. Am Ende des Films hört sie auf zu trinken, genauso entschieden, wie sie 20 Jahre zuvor ihre Heroinsucht überwunden hat.

Thomas ist 33 und befindet sich in einer Suchtklinik in Chemnitz, nachdem seine Frau ihn mit der Tochter verlassen hat. Er gibt sich Mühe in der Therapie, fängt neue Beziehungen an und hofft auf einen Neuanfang. Aber nach einem Monat zu Hause wird er rückfällig. Anstatt zu verzweifeln, versucht Thomas aus diesem Rückschlag zu lernen. Denn festen Boden unter den Füßen zu gewinnen, ist ein harter Kampf.

Obwohl Alkoholmissbrauch hierzulande noch immer ein Tabuthema zu sein scheint, ist das Trinken derart mit unserem Alltag verschmolzen, dass wir blind dafür geworden sind: Solange wir funktionieren, trinken wir. Solange wir trinken, funktionieren wir. Der Film zeigt, wie es jenen geht, die diesen Mechanismus zu durchbrechen versuchen und welche Wege aus der Abhängigkeit möglich sind.






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