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Reaktionen auf Tod des Altkanzlers Weltweite Achtung für Schmidts Lebensleistung

Der Tod von Helmut Schmidt sorgt nicht nur hierzulande für Betroffenheit. Weltweit haben Politiker den verstorbenen Altbundeskanzler gewürdigt. Das Weiße Haus lobte vor allem seine Rolle in der Entspannungspolitik zwischen Ost und West.

Stand: 11.11.2015 | Archiv

Archivbild: Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) im Jahr 2007 | Bild: picture-alliance/dpa/Boris Roessler

Für den früheren US-Außenminister Henry Kissinger war Helmut Schmidt einer der größten deutschen Staatsmänner - außerdem ein enger Freund und ein Vorbild. Schmidt habe geholfen, Deutschland in eine selbstbewusste politische und wirtschaftliche Macht im Herzen Europas zu verwandeln, so Kissinger.

"Die Welt wird ihn vermissen."

Henry Kissinger, früherer US-Außenminister

In Deutschland beginnen am Tag nach dem Tod von Helmut Schmidt die Vorbereitungen für die Trauerfeierlichkeiten. Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel haben sich in ein Kondolenzbuch eingetragen und damit ihre Trauer zum Ausdruck gebracht. Im Rathaus von Schmidts Heimatstadt Hamburg liegt mittlerweile ebenfalls ein Kondolenzbuch aus. Helmut Schmidt war gestern im Alter von 96 Jahren bei sich zu Hause gestorben.

"Wir trauern um einen der bedeutendsten deutschen Politiker der Nachkriegszeit. Helmut Schmidt wird uns allen als ein Mensch in Erinnerung bleiben, der in seltener Einheit ein Mann der Tat, des klaren Gedankens und des offenen Wortes war. Er hat sich um unser Land verdient gemacht."

Bundespräsident Joachim Gauck

"Politische Institution der Bundesrepublik"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, Schmidt sei auch für sie "eine Instanz, dessen Rat und Urteil mir etwas bedeuteten". Der Altkanzler sei eine "politische Institution der Bundesrepublik". Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte:"Wir Deutschen haben eine Vaterfigur verloren. Wir trauern um einen deutschen Demokraten, einen europäischen Wegbereiter und einen globalen Geist. Helmut Schmidt war ein großer Staatsmann, bis zur letzten Zigarette."

"Wie nur wenige in der deutschen Nachkriegsgeschichte hat er es verstanden, durch beherztes staatliches Handeln existenzielle Krisen zu meistern und zugleich den Menschen Orientierung in Zeiten der Unsicherheit zu geben."

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD)

Der Gesundheitszustand des früheren Bundeskanzlers hatte sich am Wochenende dramatisch verschlechtert. Schmidt war Anfang September wegen eines Blutgerinnsels am Bein operiert worden. Zwar konnte er nach gut zwei Wochen die Klinik wieder verlassen und wurde daheim weiter gepflegt. Die Hoffnung, dass er in seinem vertrauten Umfeld wieder zu Kräften kommen würde, erfüllte sich aber nicht.

Reaktionen aus Bayern auf den Tod Helmut Schmidts

Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident

Horst Seehofer lobte die Verdienste des SPD-Politikers im Kampf gegen den Terrorismus und für die europäische Idee. Schmidt habe als Kanzler die Bundesrepublik sicher durch die schwierige Zeit des Terrorismus der RAF ("Rote Armee Fraktion") und des Kalten Krieges geführt, sagte der CSU-Chef. "Souveränes Krisenmanagement und überzeugter Einsatz für die deutsch-französische Freundschaft sowie die europäische Einigung werden auf immer mit seinem Namen verbunden bleiben", sagte Seehofer. "Ich verneige mich vor der Lebensleistung von Helmut Schmidt, einem Hanseaten, der Bayern in Sympathie verbunden war."

Barbara Stamm, bayerische Landtagspräsidentin

"Helmut Schmidt war eine Autorität. Mit ihm verliert unser Land einen Mann, der zu führen verstand, der als Kanzler Maßstäbe setzte und dessen Wort bis zuletzt Gewicht hatte. Helmut Schmidt setzte auf eine Vernunft, deren Fundament die Verantwortungsethik ist: nüchtern in der Einschätzung der verfügbaren Mittel und von der Notwendigkeit pragmatischer Schritte zutiefst überzeugt.Bei allen Entscheidungen – darunter auch schwerste persönliche – schien er sich eine grundlegende Orientierung abzuverlangen. Sein Mut, seine Disziplin und sein Pflichtgefühl waren stets spürbar. Über alle Parteigrenzen hinweg genoss er höchsten Respekt und Anerkennung. Unser Land verdankt ihm unendlich viel. Der Bayerische Landtag und ich persönlich werden Helmut Schmidt ein ehrendes Gedenken bewahren."

Christian Ude, ehemaliger Münchner Oberbürgermeister

Christian Ude hat den Tod von Helmut Schmidt als "unersetzlichen Verlust" bezeichnet. Dem Bayerischen Rundfunk sagte Ude, "Helmut Schmidt ist, wie Egon Bahr eine der ganz, ganz wichtigen, Generationen prägenden Persönlichkeiten, die jetzt von Bord gegangen sind". Schmidt sei wegen seiner Kompetenz, Entscheidungsfreude und Geradlinigkeit ein großes Vorbild für ihn gewesen und habe ihn intellektuell wie politisch geprägt. Als Bundeskanzler habe Schmidt ein "unglaubliches Format" gehabt. Er habe weltweit Respekt und Achtung genossen und habe dies auch später als Publizist und politischer Ratgeber in Anspruch nehmen können. Helmut Schmid sei "in der Tat einer der ganz großen Deutschen, der großen Europäer und großen Sozialdemokraten gewesen."

Reinhard Marx, Kardinal und Münchner Erzbischof

Reinhard Marx, würdigte Helmut Schmidt als "einen Politiker mit Weitblick und Klugheit und einen überzeugten Europäer". "In dieser Stunde des Abschieds verneigen wir uns vor einem Bundeskanzler, der dem Glauben und der Religion mit Sympathie und Respekt begegnete. Wir sind dankbar für einen großen Staatsmann und werden an den Verstorbenen und seine Familienangehörigen im Gebet denken."

Heinrich Bedford-Strohm, evangelischer Landesbischof

Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete Schmidt als "großen Denker und einen kritischen Mahner". "Über seine Zeit als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und sein politisches Wirken hinaus hatten sein Wort und seine Stimme großes Gewicht in unserer Gesellschaft und in unserem Land." Schmidt sei seiner Kirche treu und zugleich kritisch verbunden gewesen.

Hildegard Hamm-Brücher, frühere FDP-Politikerin

"Ich habe heute mein größtes Vorbild verloren. Ich habe Helmut Schmidt ungeheuer schätzen und bewundern gelernt. Wir sind richtig Freunde geworden. In politischen Fragen hatte ich mit ihm eine so große Übereinstimmung wie mit keinem anderen Menschen in meiner Zeit. Er war ein wunderbarer Menschen. Wir haben auch nach unserer aktiven politischen Zeit immer wieder Kontakt gehalten."

Ludwig Stiegler, Ex-SPD-Fraktionschef

Der frühere Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und ehemalige bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler aus Weiden würdigte Helmut Schmidt als "tatkräftig, rhetorisch stark und zuverlässig". Der 71-jährige Stiegler sagte dem Bayerischen Rundfunk, er habe mit dem damaligen Bundeskanzler viel für die Oberpfalz tun können. Dazu zähle etwa der Erhalt der Grenzlandförderung. Stiegler erzählte, dass er Schmidt noch im vergangenen Dezember besucht habe und von ihm "wie ein Schulbub examiniert worden" sei. Er bekannte sich dazu, 1964 aus Bewunderung für Schmidt in die SPD eingetreten zu sein und als Bildschirmschoner auf seinem Computer ein Bild von Helmut Schmidt zu haben.

Ostbayerische Bürgermeister

Regensburgs Oberbürgermeister Joachim Wolbergs würdigte Helmut Schmidt im BR-Interview als großen Politiker mit eigenen Überzeugungen. Schmidt sei ein "ganz, ganz großer dieses Landes" gewesen so Wolbergs. Ein Politiker mit Ecken und Kanten wie Helmut Schmidt werde fehlen. Er habe stets begrüßt, dass sich Schmidt auch noch in den letzten Jahren mahnend zu Wort gemeldet habe. Schmidt sei ihm dabei ein Vorbild gewesen. Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß lobte Helmut Schmidt als geradlinigen, pragmatischen und klugen Politiker. Man müsse lange suchen, um Politiker eines solchen Formats zu finden, so Seggewiß.

Albert Schmid, ehemaliger Fraktionsvorsitzende der Bayern-SPD

Albert Schmid, hat im BR-Interview sein Bedauern über den Tod von Helmut Schmidt zum Ausdruck gebracht. Die letzte Vaterfigur sei nun verstummt. Der Altkanzler sei ein pragmatischer Mann gewesen, dem es stets darum ging, dass sein Handeln einem sittlichen Anspruch genüge. Während der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt war Albert Schmid Staatssekretär des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Während dieser Zeit habe er ihn als harten Chef erlebt, der dabei seinen Mitarbeitern gegenüber nie verletzend aufgetreten sei. Geschätzt habe er das große Interesse des Altkanzlers an Diskussionen über griechische Philosophie oder die Rolle der katholischen Kirche.

Kanzler und Krisenmanager, Politiker und Publizist, Kunst- und Musikliebhaber - Helmut Schmidt hatte viele Facetten. Seine Worte fanden auch - oder gerade - im hohen Alter große Aufmerksamkeit. Besonders zu wirtschafts- und sicherheitspolitischen Fragen. Regelmäßig brachte sich der Altkanzler aktiv in die Politik und das Zeitgeschehen ein.

Hanseatischer Grandseigneur

Im Herbst 2013 sagte der am 23. Dezember 1918 in Hamburg geborene Schmidt: "Ich werde nun bald 95 Jahre und hätte eigentlich längst meinen Schnabel halten sollen." Wirklich zurückgehalten hat er sich jedoch zeit seines Lebens nicht. Als unnachgiebiger Krisenmanager galt er während seiner Amtszeit, später wurde er zum Welterklärer, der sich - kettenrauchend - in jeder TV-Sendung wohlfühlte und als gern gesehener Experte zu jedem Thema kompetent Antworten lieferte. Fleißig, belastbar, gründlich, gewissenhaft, ordentlich, routiniert, stets gut vorbereitet, manchmal geradezu arbeitswütig sind Adjektive, die dem scharfen Denker nachgesagt wurden.


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