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Bayern - Land und Leute Vertriebenenintegration nach 1945

Sudetendeutsche werden im Mai 1946 per Zug von einem Lager in Modřany in Prag nach Deutschland deportiert. | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 17.04.2016
15:05 bis 16:00 Uhr

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<strong>"Flüchtling sein darf kein Dauerzustand sein"
</strong><strong>Vertriebenenintegration nach 1945</strong>
Von Marita Krauss
<em>Als Podcast verfügbar</em>
Wiederholung von 13.05 Uhr, Bayern 2

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Bayern fast zwei Millionen Flüchtlinge und Vertriebene auf - vor allem aus Ostpreußen und dem Sudetenland. Das waren über zwanzig Prozent der damaligen Bevölkerung Bayerns. Nach ihrer Ankunft ging es zunächst um die notdürftige und vorläufige Unterbringung, dann die endgültige Sesshaftmachung, verbunden mit einer Eingliederung in das Wirtschaftsleben des Landes. Ein weiterer Schritt war die kulturelle Integration, verbunden mit der Anerkennung als "vierter Stamm Bayerns".

Es handelt sich insgesamt um eine gelungene Integration, auch wenn unter diesem Etikett vieles verborgen bleibt: Hunger und Not der Anfangsjahre, die zunächst vehemente Ablehnung der Einheimischen, unstillbares Heimweh und Anpassungsprobleme vor allem der älteren Generation. Die Flüchtlinge veränderten das Land Bayern: politisch, wirtschaftlich, sozial, konfessionell, kulturell. Die anfängliche Fürsorgepolitik der Flüchtlingsverwaltung wandelte sich bald zu einer durch Integrationsgesetze abgesicherten Flüchtlingspolitik. Auch wenn "Flüchtlingsparteien" nur ein kurzes Leben hatten, wurden Vertriebene in den etablierten Parteien doch bald zu einem wichtigen Faktor der bayerischen Politik. Ähnliches gilt für die Wirtschaft: Vielfach wird es den Vertriebenen zugeschrieben, dass Bayern den Anschluss an die moderne Industriegesellschaft schaffte. Unter migrationsgeschichtlichen Gesichtspunkten spannend ist auch die symbolische Politik des bayerischen Staates: Es kam zu einer Identitätsstiftung durch Anerkennung der Unterschiede. Der Staat akzeptierte und förderte die kulturelle Eigenständigkeit und schuf so die Möglichkeit zur Bejahung der Aufnahmekultur und des Aufnahmelandes. Die Neubürger wurden zu guten, vielleicht sogar zu den besseren Bayern.

Die Historikerin Matrita Krauss erinnert an ein historisches Exempel gelungener Integration.