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Bayern - Land und Leute Wenn Schuhe sprechen könnten …

Die Haferlschuhe von Walter Wilsdorff stehen über 60 Jahre nach seinem Tod immer noch pfenningguat da... | Bild: BR/Ulrich Trebbin

Sonntag, 11.06.2017
15:05 bis 16:00 Uhr

BR Heimat

Wenn Schuhe sprechen könnten …
Neuschwanstein, ein Schlossverwalter und seine Haferlschua
Von Ulrich Trebbin
Wiederholung von 13.05 Uhr, Bayern 2
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

77 Jahre sind die Haferlschuhe alt, in deren Besitz Autor Ulrich Trebbin durch Zufall gekommen ist. Sie gehörten Walter Wilsdorff, einem Landschaftsarchitekten aus Hamburg, der von 1949 bis 1953 Schlossverwalter von Neuschwanstein war. Am 28. Oktober 1953 wurde er bei Waldarbeiten schwer verletzt und in der Nacht darauf starb er. Bei dem Unfall trug er die Haferlschuhe. Weil in der Familie niemand Interesse an dem Schuhwerk in Größe 43 hatte, schenkte Enkel Arne Wilsdorff dem Autor das Schuhwerk - und als Dreingabe noch ein Stück Zeitgeschichte.

Weil es nach dem Krieg kaum Jobs gab, verschaffte der Münchner Schwiegervater dem jungen Hamburger Walter Wilsdorff die Stelle als Schlossverwalter in Neuschwanstein. Auch wenn er sich in Bayern - heute würde man sagen - integriert hat te, plagte ihn mitunter das Heimweh: An den Sonntagen zum Beispiel hörte er mit feuchten Augen im Radio das Hamburger Hafenkonzert. Seinem Sohn erzählte er dann von den Schiffen, die auf den Weltmeeren fuhren und imitierte ihre unterschiedlichen Hupsignale.

Seit Anfang Mai 2017 erinnert ein Marterl in Neuschwanstein an den tragisch verunglückten Schlossverwalter. Ulrich Trebbin lässt seine Haferlschuhe sprechen: von einem Hamburger, der in Bayern heimisch wurde, seiner Frau Amanda Babette, die bei der Studentenverbindung in Weihenstephan seine Couleurdame war, und vom Können eines Allgäuer Schuhmachers, denn die 77 Jahre alten Haferlschuhe aus bestem Leder knarzen noch heute beim Gehen wunderbar, sind tipp topp in Schuss, viel besser als manches Schuhwerk von heute.