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Präsent für immer Dürers Kunst des Porträts

Die Malerei besitzt die göttliche Kraft, Abwesendes anwesend und Tote lebendig erscheinen zu lassen, schrieb der italienische Humanist Leon Battista Alberti in seinem Traktat über Malerei. Ganz in diesem Sinne brachte Albrecht Dürer die Kunst der Porträts in Deutschland zur Blüte.

Stand: 07.10.2012 | Archiv

Ähnlichkeit - das ist die erste Forderung, die seit der Renaissance das Bildnis erfüllen sollte: Statt der typisierenden und idealisierenden Darstellung von Menschen wie sie im Mittelalter üblich war, hieß es jetzt, "nach dem Leben" zu malen: Das Bildnis sollte eine getreue Wiedergabe des Gesehenen sein. Die künstlerische Freiheit des Malers bestand damit nicht in seiner exzeptionellen Erfindungsgabe oder in seinen ästhetischen Ideen, sondern darin, dem Abzubildenden möglichst gerecht zu werden.

Ähnlichkeit - wie im echten Leben

Philipp Melanchthon , Kupferstich von 1526

Albrecht Dürer befolgte dieses Prinzip der Lebensnähe nicht nur beispielhaft, sondern er beschwor es oft auch auf den Inschriften seiner Porträts. "Die Züge des lebenden Philipp, nicht seinen Geist vermochte Dürer mit kundiger Hand zu malen", steht indes unter dem Kupferstich des Humanisten Philipp Melanchton, den Dürer 1526 porträtiert hat. Mit dem Hinweis, dass das Porträt nur das äußere Erscheinungsbild, aber "nicht seinen Geist" festhält, bezog sich Dürer womöglich auch auf die Vorbehalte des großen Reformators gegenüber Bildnissen überhaupt.

Lebendigkeit - Präsenz in der Ebene

Albrecht Dürer der Ältere 1497 (leider nur eine Schwarzweiß-Reprokuktion)

Lebendigkeit - das ist die zweite Forderung, die ein gelungenes Bildnis erfüllen sollte. Welch große Fortschritte Dürer in diesem Punkte in kurzer Zeit machte, wird deutlich beim Vergleich des Porträts seines Vaters von 1490 (Florenz) und dem von 1497 (London), von dem uns leider nur eine schwarz-weiß Abbildung zur Verfügung steht. In dem frühen Bildnis blickt der Vater scheu nach links, ja, er weicht in der gesamten Haltung den Betrachtern aus. In dem sieben Jahre späteren Bildnis wendet der Vater sich direkt den Betrachtern zu und ist präsent. Auf die Darstellung des Rosenkranzes und der Hände verzichtete Dürer jetzt ganz, er konzentrierte sich vor allem auf das Gesicht und die scharf fixierenden Augen des Vaters. Egal, von wo aus man das Porträt betrachtet, blickt er den Betrachter an, fesselt ihn mit seinem Blick.

Unsichtbares sichtbar machen

Der Humanismus hat den Wert des Einzelnen, des Individuellen und Charakters neu entdeckt und dieses Individuelle darzustellen galt jetzt als dritte Forderung für das gelungene Porträt: Es sollte nicht nur den Körper, sondern in ihm die Seele des Abgebildeten spiegeln. Dürer reflektierte diese - auf den antiken Plinius zurückgehende - Forderung in der Inschrift des oben erwähnten Kupferstichs von Melanchton.

O-Ton Dürer

Über Kaiser Maximilian I. notierte der Maler am 28. Juni 1519: "Albrecht Dürer zu Augspurg hoch oben auff der Pflatz in senem kleinen Stüble künterfett"

Es war wohl seine falsche Bescheidenheit, wenn er das Vermögen, den Geist darzustellen, verneinte - die Porträts, die er geschaffen hat, sprechen eindeutig eine andere Sprache und die Nachfrage nach ihnen war gigantisch. Wo immer Dürer auftauchte, wollten sich etliche von diesem berühmtesten Maler der Zeit porträtieren lassen. darunter viele Reformatoren, Kaiser Maximilian I., Jakob Fugger, genannt der Reiche und viele Mächtige sonst.


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