Bayern 2 - Hörspiel


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Hörspiel des Monats Januar 2023 "Wes Alltag Antwort gäb" von Gesche Piening

Die Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste benennt zum Hörspiel des Monats Januar: "Wes Alltag Antwort gäb" von Gesche Piening

Stand: 07.02.2023 09:43 Uhr | Archiv

Kunststoff-Giraffenkopf spiegelt sich in Fensterscheibe | Bild: Gesche Piening

Begründung der Jury:

“Wes Alltag Antwort gäb” bietet als Sendung Zugang zu einem monologischen Gesellschaftsporträt, das eindrücklich und aufwühlend seine Zuhörer bannt. Sie bespricht die Anforderung an das Ich, das im besten Falle stets glänzend und aktiv sein sollte. Der bekannte Drang, sich selbst zu inszenieren und die eigene Geschichte anzupassen, wird von dem nicht unbedingt präsenten Ich des Hörspiels getragen. Fast beklemmend drängt es den Hörenden selbst zu reflektieren und erinnert an den kritischen Blick, den die Gesellschaft auf einen hat, zu denken und das eigene Leben zu hinterfragen.

Unbehaglich und erschreckend zugänglich, trotz hoch akademisierter Sprache sticht “Wes Alltag Antwort gäb” im Januar für die Jury heraus. Zwei Stellen stechen besonders hervor, die man sich eigentlich markieren und verwahren mag:

“Ich möchte als Person vorstellbar sein. Vielleicht nicht nachvollziehbar in jedem Punkt, das ist nicht wichtig. Aber vorstellbar. Ich möchte so sein, dass man sich die Mühe macht, sich mich vorzustellen. Am liebsten detailreich natürlich. Es wäre schön, wenn das Interesse lange hielte, bis in die feinsten Verästelungen führte.”

“Was möchte ich?! Ich möchte mein Gegenüber verstehen, um einen Vorteil daraus zu ziehen. Wenn ich den Vorteil nicht sehe, breche ich die Kommunikation ab. Manchmal abrupt. Das findet nicht jeder toll, ist auch nicht höflich. Ich höre oft, ich wirke aggressiv und das nervt mich ehrlich gesagt. Aber das ist bloße Formkritik. Das ist keine fachliche Kategorie, die mich vorwärts bringt – somit ist sie vernachlässigbar. Da sind auch viele Empfindlichkeiten dabei. Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Die Zeit habe ich nicht.“

Besonders lobend hervorzuheben sind die musikalischen Untermalungen, die oft im Crescendo enden und den Hörer unabdingbar ans Weiterhören binden. Der lethargische Unterton des Sprechers lässt die reinen Worte in den Vordergrund rücken.“

JURY

Yasmine M'Barek, Autorin, Journalistin und Podcasterin
Miedya Mahmod, Spoken-Word-Artist, Lyrikerin und Moderatorin
Horst Wegener, Rapper, Songwriter und Filmproduzent

Gastgebender Sender: WDR


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