Bayern 2 - Hörspiel


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Laudatio Nolte: Das Gewöhnliche an diesem Morgen im Herbst

Stand: 11.10.2011 | Archiv

"Was gibt’s Neues? ist sicherlich einer der häufigsten Allgemeinplätze und die Erwartung dahinter offensichtlich: Die elektrisierte Suche nach dem Außergewöhnlichen, der Abweichung, dem Besonderen. Curt Nolte hingegen bleibt in seinem Hörstück Das Gewöhnliche an diesem Morgen im Herbst/Podcast – weitestgehend naturbelassen völlig unbeeindruckt von einer potenziellen Erregung durch die Entdeckung des Anderen. Seine Umsetzung könnte nicht lakonischer sein: ein Mann, ein Mikro, Nebengeräusche ausgeblendet. Nolte unterläuft alle inszenatorischen Erwartungen. Sein Protagonist beschreibt stoisch und scheinbar frei von Ambition einen Morgen, der so ist wie immer. Da geht es weder um facettenreiche Präzision noch um sprachliche Eloquenz.Faszinierend sind der trockene Charme der Anti-Dramaturgie und die Einfachheit der erzählerischen Mittel. Wir hören die suggestive, wenngleich gelangweilte Stimme eines Mannes mittleren Alters, der in einem eigentümlich schleppenden Monolog – nicht wirklich detailgenau, aber dafür endlos gedehnt – von seinen Beobachtungen an einem Herbstmorgen berichtet. Im Hintergrund flackert die Hörkonvention auf, da müsse doch früher oder später ein aber oder ein plötzlich die überraschende Wendung bringen, doch das Gewöhnliche bleibt, was es ist. Dann das kurze, flüchtige Versprechen von etwas Anregendem, was sich allerdings sehr schnell in Luft – hier: Tee – auflöst. Und dann ist der Zauber auch schon wieder vorbei, und Alltagszwänge – der obligate Gang zur Arbeit – brechen abrupt die beschaulichen Betrachtungen des Mannes ohne Leidenschaften ab."

Heike Ander, Kuratorin kunstraum muenchen, München


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