Bayern 2

     

Bayern 2 - zum Buß- und Bettag Geld oder Leben

Geld oder Leben. Was wollen wir weitergeben? | Bild: picture-alliance/dpa

Mittwoch, 18.11.2015
18:05 bis 19:00 Uhr

BAYERN 2

Was wir weitergeben wollen
Von Matthias Morgenroth
Als Podcast verfügbar

Was wollen wir weitergeben, unseren Kindern, unseren Kindeskindern? Das ist eine Frage, die mittlerweile jeder ethischen Überlegung zu Grunde liegen muss. Weil wir bekanntermaßen alle Mittel haben, den Planeten als tote Wüste zu vererben. Was wollen wir weitergeben? Diese Frage stellt sich angesichts der plötzlich auf uns einströmenden Unsicherheiten der Zeit in neuem Maß. Alles wird anders - das ist das Gefühl, das die vergangenen Monate beherrscht hat. Die einen fühlen sich bestätigt, dass der Finanzkapitalismus nun die Weltherrschaft übernimmt, während wir als atemloses Fußvolk der Beschleunigungsmaschinerie dem "Immer Mehr" nachlaufen. Die anderen sehen das Ende der Aufklärung nahe kommen, die religiös unterfütterten Terrorismen unserer Tage vor Auge. Wieder andere sagen: die Konzepte der offenen, freien, friedlichen Welt stehen vor dem Abgrund. Und über allem schwebt das Gefühl: Wir müssen bewahren, was wir haben, sonst ist es weg …
Was wollen wir weitergeben? Friedenspädagogen gehen in die Schulen, damit in diesem wahrlich nicht herrschaftsfreien Raum echte Kompromissbereitschaft eingeübt werden kann. Welche Erfahrungen machen sie dort mit den Schülern, mit den Lehrern - wird nur der Stoff weitergegeben? Wie steht es um die "soft skills"?
In der beschleunigten Arbeitswelt wird die Mithilfe der Großeltern immer unentbehrlicher. Einer, der nicht nur leidenschaftlicher ökumenischer Theologe ist, sondern auch Großvater mit Herz, ist Fulbert Steffensky. Seine Lebensfrage lautet: Wie können wir weiter von Gott reden, ohne zu lügen? Wie verändert sich das, was er künftigen Generationen von seinem Glauben mitgeben will, im Spiegel seiner eigenen Enkelkinder?
"Wir glauben, unser Denken sei realistisch, wenn es vom Mitgefühl befreit ist, von der Fähigkeit, Schmerz zu teilen, Leid zu verstehen, und vom Gefühl der Verbundenheit mit allen Lebewesen", so beginnt der Psychoanalytiker Arno Gruen die rückblickende Zusammenfassung seiner Zivilisationskritik. "Denken wir aber ohne Mitgefühl, dann leben wir in einer Scheinwelt aus Abstraktionen, die Kampf und Konkurrenz zu den Triebkräften unserer Existenz machen". Die Kernfrage bleibt angesichts der sich immer weiter drehenden Beschleunigungsspirale und Digitalisierung, Mechanisierung und Rationalisierung aller Lebensbereiche: Wollen wir mehr vererben als den Wohlstand, den die westliche Gesellschaft errungen hat?