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Werner Forßmann | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 02.09.2012
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Geschichten aus der Medizingeschichte (6/6)
Zur Sonne und zurück
Werner Forßmann und der Herzkatheter
Von Thomas Kernert

"Das Herz der Lebewesen", so der berühmte englische Arzt William Harvey im 17. Jahrhundert, "ist die Sonne, von der alles Leben abhängt, alle Frische und Kraft ausstrahlt." "Eingriffe am Herzen", so der nicht minder berühmte Arzt Theodor Billroth im 19. Jahrhundert, "sind eine an Frivolität grenzende Vermessenheit." Im 20. Jahrhundert, genauer 1929, beschloss ein junger vermessener Assistenzarzt die Expedition zur Sonne. Sein Name: Werner Forßmann. Im Selbstversuch schob er sich über die Ellenbogenvene einen Katheter in den rechten Vorhof seines Herzens. Die Boulevardpresse hyperventilierte, die Fachwelt war - entsetzt. "Mit solchen Kunststückchen habilitiert man sich in einem Zirkus und nicht an einer anständigen deutschen Klinik", tobte der große Ferdinand Sauerbruch und warf den jungen Assistenzarzt aus den heiligen Hallen der Berliner Charité.
Forßmann experimentierte weiter. Zunächst noch im Selbstversuch, später dann mit Tieren. Doch niemand wollte seine Forschungsergebnisse zur Kenntnis nehmen. Aus dem vermessenen Forscher wurde ein kleiner Urologe - und ein kleiner Nazi. 1932 trat er in die NSDAP ein, von 1945 bis 1948 erhielt er Berufsverbot. Und dann platzte die Bombe: Am 18.Oktober 1956 erhielt der mittlerweile in Bad Kreuznach praktizierende Kassenarzt ein Telegramm aus Stockholm: "Das Karolinische Institut hat heute beschlossen, Ihnen den diesjährigen Nobelpreis für Physiologie und Medizin zuzuerkennen."
Thomas Kernert berichtet von einem, der lange im Dunkeln stehen musste, bis ihn die Strahlen der Sonne erreichten ...