Bayern 2

     

Bayern 2 - an Ostern Die schwarze Mappe (2)

Emilie Edelmann - Mutter von Gisela Heidenreich | Bild: Gisela Heidenreich

Sonntag, 05.04.2015
18:05 bis 19:00 Uhr

BAYERN 2

Das Kind, die Zeugin und der Täter
Zeugin in Nürnberg 1947/48
Von Gisela Heidenreich
Als Podcast verfügbar
Teil 3: Ostermontag, 6. April 2015, 18.05 Uhr

Im April 1947 wurde Emilie Edelmann von der amerikanischen Militär-Polizei in Bad Tölz verhaftet. Gisela Heidenreich: "Ich erinnere mich genau, wie ich ihr nachlief auf dem Weg zur Kaserne, die Mutter in ihrem blauen Dirndlrock mit den weißen Blümchen zwischen den beiden Uniformierten, die ihre Hände nicht von ihren Oberarmen ließen, und ich erinnere mich genau, wie sie hinter dem Tor der Kaserne verschwanden und die wachhabenden Soldaten mich verscheuchten wie eine lästige Fliege." Kaum wusste das drei Jahre alte Mädchen, dass ihre Tante in Wirklichkeit ihre Mutter war, war diese schon wieder weg. Und als die Mutter auch nach Tagen und Wochen nicht zurückkehrte, erklärte man dem Kind, sie habe "dienstlich" in Nürnberg zu tun.
Emilie Edelmann war als Zeugin im Prozess gegen den "Lebensborn e.V." im Nürnberger Justizgefängnis interniert. Ihre bewusst falschen und beschönigenden Aussagen trugen wesentlich zum Freispruch der für die SS-Organisation Verantwortlichen bei, denen man ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nachweisen konnte. Der Verein wurde vielmehr als "Wohlfahrtseinrichtung" gewertet, deren "Fürsorge den Müttern sowie den ehelichen und unehelichen Kindern" galt.
Die Briefe, die die Mutter aus dem Gefängnis nach Hause schrieb, hat Gisela Heidenreich erst nach deren Tod gefunden, ebenso die Briefe, die die Mutter mit dem NS-Diplomaten Horst Wagner wechselte, den sie während ihrer Haftzeit in Nürnberg kennen und lieben gelernt hatte. Seine schwarze Mappe mit geheimen Dokumenten hatte er Emilie Edelmann anvertraut.