Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Kinder im Lager Föhrenwald

Beno Salamander mit seiner Schwester Rachel in Föhrenwald, 1953 | Bild: Privatbesitz

Sonntag, 20.04.2014
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

"Draußen waren die anderen"
Kinder im Lager Föhrenwald
Von Sybille Krafft
Als Podcast verfügbar

Ein polnischer Junge kommt 1951 mit seiner Familie nach Föhrenwald. Dort befindet sich im Wolfratshauser Forst das größte und am längsten bestehende Lager für jüdische Displaced Persons in ganz Deutschland. Heimatlos gewordene Juden aus Polen, Litauen, Russland, Rumänien und Ungarn warten hier auf ihre Ausreise nach Israel oder hoffen, in einem anderen Land ein neues Leben beginnen zu können. Sie bezeichnen sich selbst als "She'erit Hapletah", was so viel bedeutet wie "Rest der Geretteten".
Beno ist sieben Jahre alt und eines der zahlreichen Kinder, die im Lager Föhrenwald aufwachsen. Nach Kriegsende entwickelt sich hier das "letzte Schtetl in Europa" mit Kindergärten, Schulen, Synagogen, Sportstätten, Kino und einem eigenen Krankenhaus. Weitgehend abgeschirmt von der Außenwelt leben hier zeitweise bis zu 6000 Menschen.
Für die Überlebenden der Schoa bedeuten Kinder in einem ganz besonderen Maße Hoffnung und Zukunft. Doch die Schatten der Vergangenheit sind lang. Einige DPs waren in Konzentrationslagern, viele leiden unter den Folgen von Flucht, Vertreibung und Verfolgung. Alle müssen den Verlust geliebter Menschen verkraften. Von diesen Schicksalen bekommen die Kinder nur wenig mit, denn sie sollen möglichst angstfrei und unbeschwert aufwachsen. So erinnern sich viele Zeitzeugen an glückliche Tage in Föhrenwald, an Abenteuer und Freiheiten sowie an die große Fürsorge der Erwachsenen.
1957 verlassen die letzten jüdischen Familien das Lager, das 1939 einmal als nationalsozialistische Mustersiedlung für (Zwangs)Arbeiter der nahe gelegenen Munitionsfabriken gebaut worden war. In die Häuser ziehen nun meist katholische, kinderreiche Heimatvertriebene ein. Föhrenwald wird in Waldram umbenannt und ist bis heute ein Ortsteil von Wolfratshausen.
Sybille Krafft erzählt die Geschichte einer lange vergessenen jüdischen Nachkriegskindheit in Bayern.