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Kommentar zu Corona-Tracking-Apps Schutz durch Smartphone?

Staaten wie China und Südkorea nutzen sie schon: Smartphone-Apps, mit denen man Kontaktpersonen von Corona-infizierten Menschen ausfindig machen kann. Nun haben Forscher und Forscherinnen aus acht EU-Ländern ein gemeinsames Konzept für Corona-Tracking-Apps vorgestellt. Dabei wurde vieles richtig gemacht, findet Kommentator Marcel Heberlein.

Von: Marcel Herberlin

Stand: 02.04.2020

01.04.2020, Berlin: Eine Frau blickt auf dem Alexanderplatz auf ihr Smartphone. Die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in eine App zur Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten, die aktuell in Berlin getestet wird. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen hat die Bundesregierung das öffentliche Leben weiter erheblich eingeschränkt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Kay Nietfeld

Endlich mal eine europäische Lösung in Corona-Zeiten. Forscherinnen und Forscher aus acht EU-Ländern haben heute eine Art Baukasten vorgestellt, um mit Handy-Apps das Virus einzudämmen. Unis, Startups, Forschungsinstitute sind beteiligt. Nicht jedes Land für sich. Man muss gemeinsam nachdenken, um ein globales Virus zurückzuschlagen - allein damit hat die Initiative schon viel richtig gemacht. Aber auch sonst sieht das erstmal wirklich gut aus, was Epidemiologen, Psychologen und IT-Experten da ausgeheckt haben.

Keine Standort-Daten nutzen

Sie wollen Datenschutz ernst nehmen und nur so viele Daten nutzen, wie unbedingt nötig ist. Sie wollen die Bluetooth-Funktion von Handys nutzen, nicht die Standortdaten. Das ergibt Sinn. Um sagen zu können, ob jemand gefährdet ist, muss eine App nicht wissen, wo genau er oder sie sich aufgehalten hat, und der Staat sollte das erst recht nicht wissen. Es reicht, dass die App weiß: Der und der war in der Nähe - das geht mit Bluetooth. Und wenn sich später herausstellt, dass jemand infiziert ist, schickt die App Kontaktpersonen eine Warnung, dass sie gefährdet sind.

Fehlerquote mit Fragezeichen

Smartphone-Apps können helfen, Kontaktpersonen von Infizierten ausfindig machen.

Die Forscher wollen, dass Daten nur anonymisiert gespeichert und später gelöscht werden. Auch das ist gut. Die Fragezeichen, die Datenschützer noch haben, müssen nun transparent aufgelöst werden. Etwa: Wie gut sind die Server geschützt, auf denen manche anonymisierten Daten gelagert werden? Ein anderer Punkt ist die Fehlerquote. Wie gut kann Bluetooth wirklich erfassen, ob zwei Menschen direkten Kontakt hatten - oder nur Wand an Wand im selben Haus wohnen? Der Erfolg einer Handy-App hängt letztlich davon ab, wie viele Menschen sie freiwillig nutzen wollen. Dass die europäische Initiative persönliche Daten schützen will, ist nicht nur an sich richtig, es kann vielleicht auch Skeptiker zum Mitmachen überzeugen.

Mehr Unterstützung für europäisches Modell

Bleibt zu hoffen, dass die Regierung sich nun endgültig von ihren ersten, reichlich fragwürdigen Handytracking-Plänen verabschiedet und das europäische Modell nach Kräften unterstützt. Handy-Apps können ein Baustein sein, damit alle in ein paar Wochen oder Monaten, auch in Zeiten von Corona, wieder ein halbwegs normales Leben führen können.

Nutzen für alle Generationen

Sogar ältere Menschen, die selber gar kein Smartphone haben, können davon profitieren. Wenn das Enkelkind über seine App weiß, dass es vielleicht infiziert ist, lässt es den persönlichen Einkauf für die Oma vielleicht lieber sein und bringt sie so nicht in Gefahr. Apps können helfen, kluge Entscheidungen zu treffen. Aber Corona-Apps werden auch dazu führen, dass mehr Menschen besorgt sind und sich testen lassen wollen. Deshalb braucht es auch mit Corona-Apps auf jeden Fall mehr Corona-Tests.


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