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Kommentar Scheuers "revolutionäre" Bahnideen

Beim "Masterplan Schienenverkehr" des Verkehrsministers ist Skepsis mehr als angebracht: Scheuer liebt die große Show - und eine Zielvereinbarung allein macht noch keine Verkehrswende. Ein Kommentar von Marcel Heberlein.

Von: Marcel Heberlein

Stand: 01.07.2020

17.06.2020, Berlin: Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister, steht bei einer Protestaktion zur wirtschaftlichen Lage von Bus- und Touristikunternehmen am Brandenburger Tor auf einem Bus. Die Branche demonstriert unter anderem mit einer Sternfahrt mit rund 1000 Reisebussen aus ganz Deutschland für mehr finanzielle Unterstützung in der Corona-Krise. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Christoph Soeder

Verkehrsminister Andreas Scheuer mag die große Show und passend dazu: große Worte - auch an diesem Tag wieder. Einen "Masterplan" nennt er die Zielvereinbarung, die Bund, Bahn und Verbände unterschrieben haben. Damit könne die Schiene Verkehrsträger Nummer 1 in Europa werden. Das Ziel, einen Taktfahrplan in Deutschland aufzubauen, nennt er "eine kleine Revolution". Masterplan, Nummer 1, Revolution. Drunter macht es Scheuer selten. Das Problem am ständigen Maximal-Dick-Auftragen? Dass man sich damit schnell unglaubwürdig macht. "Overselling" nennt man es im Englischen, wenn einer den Mund zu voll nimmt. Auch beim neuen Deutschlandtakt könnte das für Scheuer wieder so enden.

Ein guter Anfang - aber wie verlässlich?

Das Ziel ist gut: Zwischen den wichtigsten deutschen Städten soll alle 30 Minuten ein Zug fahren. Losfahren und Umsteigen sollen Bahnfahrende gar nicht mehr groß planen müssen - es kommt auf jeden Fall gleich der nächste Zug. Dazu sollen Fern- und Regionalverkehr viel besser aufeinander abgestimmt sein. Das seien keine Fantasien, hat der Verkehrsminister dazu gesagt, höchstens Visionen. Vor allem aber: klare Ziele. Ziele und Visionen, Scheuer und die Deutsche Bahn? Da ist leider Skepsis angebracht.

Zwischen Hamburg und Berlin soll der Halbstundentakt schon ab Dezember starten, sogar früher als erst angedacht. Das ist ein guter Anfang. Aber wie viele andere Strecken werden wirklich bald so verlässlich miteinander verbunden sein? Der Verkehrsminister will der Bahn pro Jahr drei Milliarden Euro geben, um neue Gleise zu bauen - fast doppelt so viel wie bisher. Aber beschlossen ist das noch nicht. Und ob es reicht, ist auch unklar.

Bis 2030 doppelt so viele Bahnfahrer?

Gut ist: Der Verkehrsminister hat erkannt, dass die Bahn ein Gewinnerthema sein kann. Für die Regierung, für ihn selbst, für den Klimaschutz - und bei dem hat Scheuer und sein Verkehrsbereich bisher komplett versagt. Jetzt versucht er die Kurve zu kriegen. Es war richtig, die Preise fürs Bahnfahren zu senken. Es ist richtig, das Angebot besser zu machen. Ein verlässlicher Taktverkehr kann Vertrauen schaffen und Bahnkunden Zeit sparen.

Aber Umweltverbände haben recht: Eine echte Verkehrswende ist das noch nicht. Dafür müsste Scheuer das tun, was er bisher stets gescheut hat: anderen Verkehrsträgern Wettbewerbsvorteile streichen, Fliegen und Autofahren damit teurer und unattraktiver machen. Nur dann steigen Menschen wirklich auf die Bahn um. Bis 2030 sollen doppelt so viele Menschen Bahn fahren. Dieses offizielle Ziel hat Scheuer jetzt nochmal ausgegeben. Glaubwürdig ist das nicht.


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