Bayern 2

     

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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Kiffen im Kettenkarussell

Die Zeit der Volksfeste ist gekommen. Man riecht Mandeln und Steckerlfische und seit neuestem hin und wieder auch Cannabis. Wieviel Rausch ist eigentlich erlaubt? Eine Glosse von Wolfram Schrag.

Von: Wolfram Schrag

Stand: 10.04.2024

Jetzt beginnen sie wieder: Die Frühlings- und Volksfeste. Diese sind nach den langen Monaten der Kälte und Dunkelheit auch ein Genuss für die Sinne: Es blinkt und glitzert, Blasmusik ist zu hören oder rhythmische Beats in den Fahrgeschäften, es riecht nach frisch gebrannten Mandeln, Zuckerwatte, Hendl und Steckerlfisch und …. Gras.

Moment: Gras? Ja, es geht um die neue Freiheit, sich für den Privatgebrauch ein Pfeifchen anzuzünden, aka Cannabis in der Öffentlichkeit zu rauchen. Dank des neuen Gesetzes darf man das seit 1. April. Und auch wenn die bayerische Staatsregierung das Gesetz extrem restriktiv anwenden will, so der bayerische Ministerpräsident, gibt es beim Kiffen im Kettenkarussell oder der Pfeife auf dem Plärrer möglicherweise eine Lücke.

Und zwar eine Gesetzeslücke, oder wie der süddeutsche Schaustellerverbandschef mutmaßt, man habe die Volksfeste schlicht und einfach vergessen. So hat man dieses Gesetz in den vergangenen Monaten, man kann fast sagen, gegen alle Widerstände, eingetütet und in der Hektik fehlen Regelungen für die ganzen Wein- und Bierfeste, vom Plärrer in Augsburg oder Nürnberg über das Gäubodenfest in Straubing bis hin zum Oktoberfest in München. Wieviel Rausch der Sinne ist hier auf einmal erlaubt?

Glücklich schätzen sich alle die Kommunen, deren Feste erst im Laufe des Jahres stattfinden. Sollen sich doch die Aufsichtsbehörden in Augsburg oder Nürnberg, wo jetzt schon Volksfeste stattfinden, mit den neuen Regeln erstmal herumschlagen. Geht neben drei Maß auch noch ein Joint oder sind wir da schon im illegalen Konsum und in einer Gefahr für die Sicherheit? Niemand weiß das momentan.

Ein Rummelplatz ist kein Kinderspielplatz

Dabei ist doch klar: ein Rummelplatz ist kein Kinderspielplatz. Dort gelten extrem restriktive Regelungen. Und beim Volksfest? Eine ordentliche Aufteilung von Verlustigungen für Erwachsene und Kinder ist dort unbekannt. Einerseits lassen sich die Kleinen auf Autos oder Flugzeugen im Kreis herumfahren und nebenan geht’s zur fröhlichen Hinrichtung beim Schichtl, um nur ein bekanntes Beispiel höchst seltsamer Begegnungen auf Jahrmärkten zu nennen.

Andererseits ist ein Volksfest, ein Fest fürs Volk. Und das Brathähnchen, die Zuckerwatte und die gebrannten Mandeln sind was für Groß und Klein. Das Gesetz bewegt sich auf rechtlichem Neuland, in Teilen könnte man sagen im Niemandsland. Denn in der unmittelbaren Umgebung von Minderjährigen ist Cannabiskonsum verboten. Nur wie unmittelbar ist unmittelbar? Juristinnen und Juristen werden ihre Freude haben, wenn sie das Gesetz auslegen.

In diesem Zusammenhang sei auf eine Meldung verwiesen: Ein 62jähriger Vater und sein 30jähriger Sohn müssen sich jetzt wegen Körperverletzung verantworten. Beide hatten in betrunkenem Zustand auf dem Volksfest in Nürnberg Passanten geschlagen und getreten. Es gibt auch noch andere Drogen auf Jahrmärkten.


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