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Anatomie eines Festivals Auf dem Brass Wiesn Festival 2019

Ein Musikfestival ist so viel mehr als eine Reihe von Konzerten. Festival ist Camping, Gemeinschaft, Rausch und ein Lebensgefühl. Auf der Brass Wiesn in Eching kommt im August all das zusammen.

Von: Thibaud Schremser

Stand: 14.08.2019 | Archiv

Das Festivalgelände der Brass Wiesn ist ein bayerisches Landidyll wie aus dem Bilderbuch: Heuballen als Sitzgelegenheiten, Oldtimer-Traktoren als Deko, gezimmerte Buden und Almen. Hier wird Heimatgefühl großgeschrieben.

Und das kommt gut an. "Wir haben gehört 'Bayerisches Festival' – Passt! Da mach’ mer mit", sagt Matthias, der mit einer Freundestruppe aus Traunstein für die vier Tage nach Eching gefahren ist – 100 Kilometer auf der Landstraße mit einem Bulldog Baujahr 1962.

Wer hat das schönste Camp auf der Brass Wiesn?

Das machen nicht wenige Festivalbesucher so. Einige bringen auf dem Campingplatz außerdem spektakuläre Aufbauten mit, wie den "Dachsbau", den Lukas aus Schwabhausen bei Landsberg am Lech gebaut hat. Der Bau ist ein zweistöckiges Häuschen auf der Ladefläche eines Sprinters – mit ausgestopftem Dachs auf einem Regal über der Eingangstür.

"Wir haben letztes Jahr schon gesagt: 'Wir brauchen was Größeres!' Da hatten wir nur einen Planenaufbau. Dann wollte ich eigentlich nur eine kleine Almhütte bauen und jetzt haben wir doch den zweistöckigen Dachsbau. Unten ist Wohnzimmer, Küche und oben das 'Herrenzimmer' und der Balkon."

Festivalbesucher Lukas aus Schwabhausen bei Landsberg am Lech

Trotz aller Freiheit – ein Festival hat auch Regeln

Über die Jahre hat sich ein regelrechter Überbietungswettbewerb entwickelt: Wer hat das schönste Camp? Dabei gehen die Besucher manchmal auch zu weit. Einige Konstruktionen lässt der Festivalveranstalter aus Sicherheitsgründen abbauen. Trotz aller Freiheit auf dem Festival, manchen Regeln entgeht man nicht.

Feiern rund um die Uhr, oder: entspannen auf dem Komfort-Campingplatz

Ohne gute Vorbereitung geht auf dem Festival nichts. Palettenweise Fünfminutenterrinen haben die einen dabei, die anderen kochen frisch und nach Essensplan. Es gibt für die verschiedenen Festivalgängertypen und Ansprüche ganz unterschiedliche Angebote: Die einen mögen es wild und feiern rund um die Uhr auf dem Partycampingplatz bei lauter Musik und Dieselgeneratorgestank, die anderen gehen es auf dem Komfort-Campingplatz ruhiger an. Dort herrscht ab 22.00 Uhr Nachtruhe und der Betrieb von Generatoren ist verboten. Dafür hat jeder Stellplatz einen Stromanschluss. Jenna und Mara genießen hier den Luxus im großzügigen Wohnmobil von Maras Eltern. "Man muss es sich ja nicht schlechtgehen lassen", meint Mara.

15.000 Festivalgänger pro Tag – ausverkaufte Brass Wiesn

Die Brass Wiesn war dieses Jahr ausverkauft. 15.000 Menschen waren pro Tag auf dem parkähnlichen Gelände. Größer soll das Festival erst einmal nicht werden, meint Festivalleiter Alex Wolf. Bei immerhin 73 Konzerten an vier Festivaltagen ist die Auswahl ja schon recht großzügig. Die musikalische Bandbreite ist es auch. Von der traditionellen Echinger Blaskapelle bis zur HipHopCombo Dicht&Ergreifend ist viel geboten.

D'Boazn Briada mit Schlager, Rock und Gstanzlmusi

D’Boazn Briada aus Amberg positionieren sich irgendwo dazwischen. "Von Schlager über Gstanzlmusi zu Rock versuchen wir alles auf unseren Instrumenten umzusetzen", meinen sie. Gut ist, was Stimmung macht. Und deshalb spielen sie auch lieber unverstärkt und mitten in der Menge der Feiernden auf der Terrasse einer Alm, als über die Mikrofonanlage auf der Bühne. Gegen Ende des Konzerts bleibt den vier Musikern kaum noch Platz zum Stehen, so dicht ist das Gedränge der Tanzenden um sie herum geworden. Trotzdem – oder gerade deshalb – sind sie begeistert von ihrem Konzert. Ein bisschen aus dem Ruder laufen muss ein gutes Festival eben auch.


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