Serie // "Maniac" Die schrägste Serie, die ihr je gesehen habt

"Maniac" mit Emma Stone und Jonah Hill ist das neueste, total verwirrende Prestigeprojekt von Netflix. Blöd nur, dass diese Serie ziemlich vielen Leuten auf die Nerven gehen wird.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 25.09.2018 | Archiv

Szene aus der Netflix-Serie "Maniac" | Bild: Michele K. Short / Netflix

Owen und Annie kennen sich nicht, und doch haben sich ihre Wege bis zu diesem Moment schon ein paar Mal unbemerkt gekreuzt. Jetzt sitzen sie, in graue Overalls gekleidet, zusammen an einem runden Tisch in einem steril-weißen Labor und hoffen darauf, sich mit der Teilnahme an einer Pharmastudie ein bisschen Geld dazuverdienen zu können.

Beide sind einsam, sehen furchtbar unglücklich aus und sind es auch: Owen distanziert sich von seiner reichen Familie, er hat Halluzinationen und kann seinem eigenen Verstand nicht trauen. Annie ist depressiv und abhängig von einer neuen Droge, die in der Studie benutzt wird. Vor einigen Jahren hatte sie mit ihrer Schwester einen schlimmen Streit, der mit einem Verkehrsunfall endete. Ihre Schwester kam ums Leben und Annie betäubt ihre Schuldgefühle mit Drogen. Diese Studie testet eine neue Therapieform, mit der alle Seelenleiden in drei Schritten geheilt werden sollen.

"Nachdem wir ihr Kerntrauma identifiziert und ihre biopsychosozialen Symptome abgebildet haben, stellt der GRTA Megacomputer ein effizienteres, auf Sie zugeschnittenes System zusammen. Ihr gesunder Weg zur Genesung ohne chirurgische Eingriffe durch leistungsstarke Mikrowellentherapie. Willkommen am Anfang Ihres neuen Lebens!"

(Aus 'Maniac')

Mit Hilfe eines Supercomputers und drei verschiedenen Pillen werden die Testpersonen in Traumzustände versetzt, sodass sie - jeder für sich und ganz diskret - ihr Trauma nochmals durchleben und dann überwinden können - jedenfalls in der Theorie. Denn dann gerät ausgerechnet der Supercomputer, genannt Gertie, selbst in eine depressive Phase. Sie überhitzt sich, ein paar Kabel verschmelzen und die Verbindung von Owen und Annie, die gerade noch zufällig war, ist auf einmal permanent. Statt allein, erleben Owen und Annie alle Traumzustände zusammen. Die Forscher können sie nicht voneinander trennen.

Hundert aufeinandergestapelte Träume?

Was dann passiert, ist für die Zuschauer entweder total anstrengend - oder eine abgefahrene Reise durch Seriengenres und Bewusstseinszustände, die uns und die beiden Protagonisten in die 80er-Jahre entführt, wo sie als Ehepaar einen Lemur von der Pelzmafia befreien wollen, dann zu einer Geisterstunde in die 40er bringt und in eine Fantasywelt à la "Der Herr der Ringe". Alle diese 'hundert aufeinandergestapelten Träume', wie Annie sie nennt, sind verbunden durch wiederkehrende Elemente, die für Annies oder Owens Trauma bedeutsam sind.

Die Serienidee zu "Maniac" kommt aus Norwegen. Eine Adaption ist "Maniac" aber strenggenommen trotzdem nicht. Serienmacher und Regisseur Cary Joji Fukunaga, der für den verwaschenen Südstaaten-Look von "True Detective" verantwortlich war, drückt auch "Maniac" einen Stylestempel auf.

Die Serie hat eine fantastische, retrofuturistische Ausstattung, die es unmöglich macht zu sagen, ob sie einfach in einem Paralleluniversum spielt oder zu einer völlig anderen Zeit. Es gibt zwar Roboter, die Hundescheiße aufkehren, aber keine Flatscreens oder Handys. Viele dieser oft niedlichen Details erinnern an die kunstvolle Superheldenserie "Legion", Michel-Gondry-Filme wie "Vergiss Mein Nicht" oder "The Science Of Sleep", die psychische Probleme mit einer ähnlich surrealen Erzählweise angehen. "Maniac” auf ein Genre zu reduzieren ist unmöglich. Das macht die Serie total spannend, aber auch mühsam und unberechenbar.

Ob hinter all dem halluzinatorischen Hokuspokus eine tiefere Message steckt, sei mal dahingestellt - aber dieser Trip durch Zeiten, Welten und Bewusstseinszustände ist das bisschen Anstrengung beim Gucken auf jeden Fall wert.

Alle zehn Folgen von "Maniac" gibt's bei Netflix.

Sendung: Filter, 26.9.2018 - ab 15 Uhr