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Ruhmeshalle Nirvana - MTV Unplugged in New York

Auf "MTV Unplugged in New York" zeigen sich Nirvana von ihrer verletzlichen Seite. Nach Kurt Cobains Selbstmord wird das Akustikset als Album veröffentlicht. Bis heute gilt es als eines der besten Live-Alben aller Zeiten.

Von: Anke Behlert

Stand: 02.04.2014 | Archiv

Nirvana Revival | Bild: picture-alliance/dpa

Weiße Lilien, dunkle Stoffe und schwarze Kerzen - eine Atmosphäre wie auf einer Beerdigung sollte es sein. Das hatte sich Kurt Cobain für die Aufzeichnung des MTV Unplugged-Konzerts ausdrücklich so gewünscht. Der Frontmann von Nirvana sitzt ein wenig unsicher auf der Bühne. In seiner grünen Wolljacke, ausgewaschenen Jeans und Dreitagebart ist Cobain die Antithese eines Rockstars. Seit dem durchschlagenden Erfolg des Albums "Nevermind" und dem Hype um den Grunge-Sound aus Seattle steht die Musikwelt Kopf. Nirvana inszenieren sich derweil als Antihelden. Sie machen ihre Instrumente kaputt und spielen bei Auftritten im Fernsehen nicht die abgesprochenen Songs. Die Fans lieben sie dafür natürlich umso mehr.

So persönlich und intim, dass es einem unangenehm ist

MTV möchte natürlich gerne, dass Nirvana bei ihrer Unplugged-Session ihren größten Hit "Smells Like Teen Spirit" spielen. Darauf hat die Band aber überhaupt keinen Bock. Die Setlist besteht fast nur aus weniger bekannten Songs und einigen noch weniger bekannten Coverstücken wie "Plateau" von den Meat Puppets.

Die Proben zur Show laufen nicht besonders gut. Die Band ist schlecht vorbereitet und nervös. Dazu leidet Kurt Cobain unter Heroinentzug und droht, das Ganze abzublasen. Was Nirvana an diesem Abend letztlich zustande bringen, ist berührend, außergewöhnlich und absolut genial. Die Songs fühlen sich so persönlich und intim an, dass es einem schon fast unangenehm ist. Wie bei "Pennyroyal Tea" , das Cobain alleine und mit geschlossenen Augen spielt.

Der letzte Song "Where Did You Sleep Last Night" setzt diesem intensiven und nicht gerade leicht verdaulichen Album schließlich die Krone auf. Bis dahin konnte sich Cobain zusammenreißen. Bei den letzten Zeilen verliert er aber die Kontrolle. Seine kratzige Stimme schraubt sich eine Oktave höher und bricht weg - Verzweiflung, Einsamkeit, Seelenschmerz - all das schleudert er dem Hörer ungefiltert entgegen. 

Die Veröffentlichung der Aufnahmen ein paar Monate später erlebt Kurt Cobain nicht mehr. Mit nur 27 Jahren nimmt er sich im April 1994 das Leben. Das "Unplugged"-Album schießt weltweit an die Spitze der Charts. 1996 wird es sogar mit einem Grammy ausgezeichnet. Grungehype, Antirockstar-Haltung, whatever - mit "Unplugged in New York" haben sich Nirvana ein zeitloses Denkmal gesetzt.


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