9

Krankenversicherungsstudie DKV fordert mehr Bewegung am Arbeitsplatz

Die Deutsche Krankenversicherung Aktiengesellschaft, DKV, hat in Berlin ihren Report 2016 vorgestellt. Im Fokus: mangelnde Bewegung und die sogenannten Gesundheitsarmbänder.

Von: Moritz Pompl

Stand: 08.08.2016

Deutsche Krankenversicherung | Bild: picture-alliance/dpa|Oliver Berg

Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln macht vor, wie es geht. Er hat die Studie der DKV wissenschaftlich geleitet, und bei der Pressekonferenz in Berlin steht der 59-Jährige vorn am Rednerpult. Steht, wohlgemerkt. Den anwesenden Journalisten, die alle sitzen, macht Froböse fast schon ein schlechtes Gewissen.

"Wenn Sie eine Stunde hier sitzen, verbrennen Sie ein Gramm Fett. Wenn Sie eine Stunde stehen, verbrennen Sie drei."

Ingo Froböse, Deutsche Sporthochschule Köln

Über den Tag läppert sich das, sagt Ingo Froböse, an dem selbst übrigens kein Gramm Fett zuviel ist. Er warnt, dass Menschen, die viel sitzen, schneller dick werden, und deshalb schneller einen Herzinfarkt oder Diabetes bekommen. Kurzum:

"Wer länger sitzt, hat ein höheres Risiko früher zu sterben."

Ingo Froböse, Deutsche Sporthochschule Köln

Und genau diese Gefahr steigt, glaubt die DKV. Fast die Hälfte der Bevölkerung, so ihre Befragung von rund 3.000 Teilnehmern, arbeitet vorwiegend am Schreibtisch.

"Schreibtischarbeiter sitzen in Summe 11 Stunden pro Tag."

Clemens Muth, DKV Vorsitzender

Mehr PC, weniger Bewegung

Zu den 11 Stunden zählt die Zeit dazu, die man dann noch zuhause oder in der S-Bahn sitzt. Nach der Studie arbeiten Akademiker häufiger im Sitzen als etwa Menschen mit einem Hauptschulabschluss. Dafür bewegen sie sich mehr in ihrer Freizeit.

Insgesamt aber stellt die DKV über alle Gruppen hinweg einen zunehmenden Bewegungsmangel fest, was auch mit der Digitalisierung und steigendem Zeitdruck am Arbeitsplatz zu tun hat.

Wie viel Bewegung braucht der Mensch?

Zumindest zweieinhalb Stunden Bewegung empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, WHO, in der Woche. Pro Tag wären das gerade mal 22 Minuten, auch das Laufen oder Fahrradfahren zur Arbeit gehört dazu. Aber das schafft nicht mal mehr die Hälfte der Bevölkerung . 2010 waren es noch 60 Prozent.

"Insbesondere die jungen Menschen schaffen es immer weniger, das aufrecht zu erhalten. Und ich sag immer: Der Bewegungsvirus muss so früh wie möglich im Leben gesetzt werden, damit er auch aufrecht erhalten bleibt, und das ein Leben lang."

Ingo Froböse, Deutsche Sporthochschule Köln

Schulen und Arbeitgeber gefordert

Die DKV fordert deshalb, dass das Thema "Lebensstil" in den Schulen mehr thematisiert wird. Arbeitgeber sollten außerdem ihre Mitarbeiter sensibilisieren und zum Beispiel Schreibtische so umrüsten, dass man zwischendrin im Stehen arbeiten kann. Alle 20 Minuten mal aufzustehen, das hält Clemens Muth für sinnvoll.

"Das fängt an beim Aufstehen zum Drucker, das fängt an beim Telefonieren, was man nicht unbedingt immer im Sitzen tun muss. Und das geht natürlich auch weiter beim Thema Besprechungen. Nicht jede Besprechung muss eine Sitzung sein. Das geht vielfach dass man sich bespricht auch im Stehen."

Clemens Muth, DKV Vorsitzender

Auf dem Weg zum gläsernen Versicherten?

Zweites großes Thema des diesjährigen DKV-Reports sind die Gesundheitsarmbänder, sogenannte Wearables. Die ersten Krankenversicherer hatten zuletzt verlauten lassen, dass sie die Daten ihrer Versicherten, die solche Bänder tragen, gerne auswerten würden. Viele befürchten jedoch, dass die Krankenkassen dann solch gläsernen Versicherten besonders günstige Tarife anbieten - und alle, die ihre Daten nicht hergeben wollen, plötzlich schlechter wegkommen.

Kaum Interesse bisher

Aber daraus wird erstmal nichts: Nur sechs Prozent der Befragten gaben an, ein Wearable zu besitzen, und nur die Hälfte von ihnen nutzt es überhaupt. Männern war die Nutzung zu anstrengend oder zu wenig motivierend, Frauen hingegen gaben an, sie hätten keine Zeit das Gerät zu nutzen oder es sei verschwunden. Abgesehen davon liefern die Geräte teilweise ziemlich unterschiedliche Werte.

"Momentan ist das Wearable eher eine nette Spielerei. Aber weniger geeignet dass man hieraus Versicherungstarife kalkulieren kann."

Clemens Muth, DKV Vorsitzender

Zumindest auf absehbare Zeit wird das wohl auch so bleiben.


9