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75 Jahre Babyn Jar Gauck erinnert an das Massaker bei Kiew

Vor 75 Jahren erschossen die Nazis in Babyn Jar bei Kiew mehrere Zehntausend Juden. Bundespräsident Joachim Gauck hat dort heute eine Rede gehalten, in der er die deutsche Verantwortung an den Gräueln betonte.

Von: Birgit Schmeitzner

Stand: 29.09.2016

Mahnmal mit Politikern | Bild: dpa-Bildfunk

Das Thema "Schuld und Verantwortung" begleitet Bundespräsident Gauck schon seine gesamte Amtszeit. Immer wieder fuhr er an Orte, an denen die Nazionalsozialisten gemordet hatten, hielt etwa eine Rede im griechischen Lingiades. Nun also Babyn Jar, die "Weiberschluch" am ehemaligen Stadtrand von Kiew. Dort, wo vor nunmehr 75 Jahren die SS unter tätiger Mithilfe der Wehrmacht die Juden Kiews umgebrachte.

Beginn des systematischen Massenmordes

Mehr als 33.000 Männer, Frauen und Kinder starben damals, mussten sich in Gruppen hinlegen, wurden erschossen und verscharrt. Historiker sprechen vom Beginn des systematischen Massenmordes an den Juden Europas, der später in Lagern wie Auschwitz industrialisiert wurde.

Gauck nannte die Schlucht von Babyn Jar in seiner Rede auf der Gedenkveranstaltung einen einzigartigen Schreckensort, an dem sich "der verbrecherische Charakter des rasseideologischen Vernichtungskrieges" der Nazis im Osten Europas offenbare. "Die Verheerungen, die er in der Ukraine hinterließ, waren beispiellos."

"In dem ich mich vor all den Opfern von einst verneige, stelle ich mich an die Seite der Menschen, die heute Unrecht benennen, Verfolgten Beistand leisten und unverdrossen für die Rechte der Menschen eintreten, denen die Menschenrechte versagt werden."

Joachim Gauck

Bekenntnis zur Schuld der Deutschen

Der Bundespräsident bezeichnete den Prozess, sich der eigenen deutschen Schuld zu stellen und dem Versagen nicht auszuweichen, auch viele Jahre nach dem 2. Weltkrieg als nicht abgeschlossen und generationenübergreifend. "Im Bewusstsein dessen wenden wir uns immer wieder Opfern zu, die hilflos dem Unrecht, der Not und der Verfolgung ausgesetzt waren oder sind."

Angesicht der aktuellen Spannungen zwischen Russland, der Ukraine, Polen und anderen Staaten aus dem früheren sowjetischen Einflussbereich mahnte Gauck eine gemeinsame Erinnerungskultur an. "Unsere Verantwortung liegt darin, aus Zahlen im Tötungsplan des nationalsozialistischen Regimes wieder Menschen, Individuen zu machen." In dem Maße, in dem dies gelinge, werde auch ein dringend benötigtes gemeinsames Erinnern möglich sein.

In Babyn Jar seien Juden, Ukrainer, Russen und Polen von Deutschen getötet worden, sagte Gauck. Jene, die heute verstehen wollten, wie es dazu habe kommen können, dass Väter und Großväter zu Mördern oder Opfern geworden seien, seien heute aufeinander angewiesen.


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