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Wahlanfechtung in Österreich Erste Zeugen bestätigen FPÖ-Kritik

Zum Auftakt des Prozesses um die Gültigkeit der Bundespräsidentenwahl in Österreich haben Zeugen wesentliche Vorwürfe der rechten FPÖ bestätigt. In zwei Wahlbezirken wurden demnach formale Fehler gemacht.

Von: Ralf Borchard

Stand: 20.06.2016

Präsidentenwahl in Österreich | Bild: EPA/dpa/Christian Bruna

Mehrere Zeugen bestätigten am ersten Verhandlungstag Vorwürfe der FPÖ. So wurden im Wahlbezirk Südoststeiermark die Briefwahlstimmen bereits am Sonntag ausgezählt, obwohl dies laut Gesetz erst am Montag erlaubt ist. Auch im Wahlbezirk Villach erfolgte die Auszählung vor Montag, 9.00 Uhr. Zum Teil wurden die Briefwahlstimmen laut Zeugen von Beamten ausgezählt, die gar nicht zur Wahlkommission gehörten - also eigentlich nicht zur Auszählung berechtigt waren. Das Argument der betroffenen Bezirkswahlleiter: Anders wäre die Auszählung zeitlich nicht zu schaffen gewesen.

Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, sagte beim Gang in den Gerichtssaal:

"Ein schwebendes Verfahren - und wir werden das Verfahren nicht kommentieren."

Robert Stein

Stichwahl-Konkurrenten Alexander Van der Bellen (Ex-Grüner, links) und Norbert Hofer (FPÖ)

Die Anwältin Maria Windhager, die den Sieger der Stichwahl vom 22. Mai, Ex-Grünen-Parteichef Alexander Van der Bellen vertritt, betonte in einer Verhandlungspause, Hinweise auf tatsächlichen Wahlbetrug habe keine der Zeugenaussagen ergeben.

"Die ersten Ergebnisse zeigen, dass es hier auch zu keinerlei Manipulationen gekommen ist."

Maria Windhager

Formfehler können zu Wahlwiederholung führen

Doch der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger, hatte zum Verhandlungsauftakt deutlich gemacht, dass auch Formfehler - wenn sie entsprechend schwerwiegend sind - eine Wahlwiederholung rechtfertigen können. Vertreter der FPÖ zeigten sich während des ersten Verhandlungstags zuversichtlich, dass ihre Wahlanfechtung am Ende Erfolg haben wird.

In jedem Fall ist dies eines der umfangreichsten und schwierigsten Verfahren, dass die 14 österreichischen Verfassungsrichterinnen und -richter je zu bewältigen hatten. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich, sagte im ORF auf die Frage, ob er froh sei, diese Verhandlung nicht mehr leiten zu müssen:

"Es gibt Lustigeres als das. Also, ich bin nicht in der Situation, aber es ist mir lieber, wenn ich das nicht muss."

Ludwig Adamovich

"Eine Prognose möchte ich nicht abgeben"

Der Ausgang des Verfahrens ist nach den Worten des früheren Gerichtspräsidenten offen:

"Die Argumente, die vorgebracht sind in der Anfechtung, haben sicherlich unterschiedliches Gewicht. Wohin sich dann die Waagschalen neigen werden, das kann man nicht sagen. Eine Prognose möchte ich durchaus nicht abgeben."

Ludwig Adamovich

Weist das Verfassungsgericht die Wahlanfechtung der FPÖ vor dem 8. Juli zurück, kann Van der Bellen wie geplant vereidigt werden. Gibt das Gericht der Wahlanfechtung statt, muss die Präsidenten-Stichwahl Van der Bellen gegen Norbert Hofer im September oder Oktober wiederholt werden.


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Walter, Dienstag, 21.Juni 2016, 10:39 Uhr

5. Wahl 2016

Der Balkan beginnt offensichtlich am Bodensee.
Empfehle internationale Wahlbeobachter aus den Balkanstaaten einzufliegen und unter deren Aufsicht neu zu wählen.

Weit ist es mit dem einst demokratischen Österreich gekommen.

EMGI, Montag, 20.Juni 2016, 10:47 Uhr

4. Tu felix Austria

Schön dass es so etwas noch gibt. Ein Verfassungsgericht kommt schnell zusammen. Hört Zeugen und entscheidet dann. Alleine die Schnelligkeit des Ablaufs ist erstaunlich. Österreich Du hast es besser. Jedenfalls in diesem Punkt. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, das ist zusammen mit der direkten Wahl des Bundespräsidenten gelebte Demokratie. Den Deutschen will man das ja nicht zumuten. Sie könnten ja jemanden Falschen wählen. Dabei wird übersehen, dass der Österreicher, der in die deutsche Geschichte einfallen ist, niemals gewählt wurde. Der kam nur über schräge Koalitionen an die Macht. Dann aber war es zu spät. Da hatte das Volk keinen Fehler gemacht.

Zwiesel, Montag, 20.Juni 2016, 10:46 Uhr

3. Briefwahlunterlagen

Es sollte auf jeden Fall untersucht werden, wer in den einzelnen Bezirken als Wahlleiter und Beisitzer für die zu frühe Öffnung der Briefwahlunterlagen verantwortlich ist und wer am Montag unterschrieben hat, dass die Regeln eingehalten worden sind.
Der Innenminister ist zwar formal für die korrekte Auszählung der Stimmen verantwortlich, kann aber nicht selbst in jedem Bezirk die Einhaltung der Regeln überwachen.
Und, es ist auf jeden Fall festzustellen, ob nur formale Fehler gemacht worden sind, was schlimm genug ist, oder ob eine Wahlfälschung passiert ist. Das macht noch einmal einen Unterschied. Auch bei Wahlfälschung muss aufgezeigt werden, für wen die vorgenommen worden ist.

Wähler, Montag, 20.Juni 2016, 09:47 Uhr

2. Seltsame Fragen

"Der ganze Wahlkampf, auch die Fernsehdebatten wieder von vorn?"
Es soll doch nur die Wahl wiederholt werden

"Österreich international blamiert?"
Wieso blamiert man sich wenn man einen "Fehler" korrigiert?

"Am Ende möglicherweise doch Norbert Hofer knapp vorn?"
Wenn die Wähler es so wollen.
Wäre doch eine Sauerei wenn der Wähler Recht bekommen würd?
Wo kämen wir da hin?
Wäre das nicht Demokratie?

  • Antwort von Klabuster, Dienstag, 21.Juni, 06:29 Uhr

    Man blamiert sich, weil es den Fehler überhaupt gab.

Ein ÖSI, Montag, 20.Juni 2016, 07:52 Uhr

1. Recht muß Recht bleiben.

"Dort, wo man dreist am Sonntag eine Auszählung vornimmt und unterschreibt, dass man das Protokoll am Montag ausfertigt – das geht ganz einfach nicht, das ist ein Rechtsbruch, da gibt’s nichts zu rütteln und zu deuteln."
Wolfgang Sobotka österr. Innenminister
Ist doch eine klare Ansage, oder?
Rechtsbruch: Vorsätzliche Falschanwendung von Recht
"Es gibt auch Experten, die betonen, eine ganze Wahl allein aufgrund von Formfehlern aufzuheben, sei der falsche Weg".
Was soll das ?
Soll das ein Zeichen für kommende Wahlen sein das man alles nicht so genau nehmen muß?
Soll die Wahlverdrossenheit weiter gesteigert werden?
"In vielen Bezirken haben Wahlleiter und Beisitzer die Regelung schlicht ignoriert. "
Dann könnte man auch jederzeit auch in anderen Fällen sagen das man keine Vorschrift oder Gesetz gebrochen hat sondern man hat es "nur ignoriert".
Die Wahl sollte wiederholt werden und zwar AUF KOSTEN DERER die das verursacht haben.
Dann gibt es keinen solchen Vorfall mehr