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Außenseiter im US-Wahlkampf Unter "ferner liefen"

Kennen Sie Gary Johnson? Oder Jill Stein? Falls nicht, geht es Ihnen wie vielen Amerikanern. Der Libertäre und die Grüne sind die chancenreichsten unter allen US-Präsidentschaftskandidaten, die nicht Trump oder Clinton heißen. Präsident(in) werden sie dennoch nicht - was nicht an der Strahlkraft der Favoriten liegt.

Von: Jan Bosche, Washington

Stand: 29.10.2016

US-Wahlkampf | Bild: picture-alliance/dpa

Selten waren zwei Präsidentschafts-Kandidaten in den USA so unbeliebt wie der Republikaner Trump und die Demokratin Clinton. Man sollte meinen, das könnte eine Chance sein für andere Kandidaten. Evan McMullin zum Beispiel:

"Ich bin leider der einzige Konservative im Rennen. Ich stehe für eine eingeschränkte Regierung und persönliche Freiheiten. Ich sah, dass die Kandidaten der beiden großen Parteien, und andere Kandidaten, nicht ausreichend, nicht angemessen waren für das Land und das amerikanische Volk."

Evan McMullin

In seinem kleinen Heimatstaat Utah hat McMullin gute Chancen, Donald Trump entscheidende Stimmen wegzunehmen, vielleicht sogar zu gewinnen. Landesweit ist das schon viel schwieriger - da geht es McMullin genauso wie vielen anderen Kandidaten.

Wie man Kandidat wird

Wer nicht von einer der beiden großen Parteien ins Rennen geschickt wird, muss viele Hürden nehmen. Die erste: auf die Wahlzettel zu kommen. Hunderte Amerikaner haben ihre Kandidatur fürs Präsidentenamt eingereicht - in vielen Bundesstaaten stehen aber nur vier oder fünf Namen auf dem Wahlzettel. Jeder Staat legt selbst fest, welche Bedingungen erfüllt sein müssen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man von einer Partei unterstützt wird, oder dass man genügend Unterschriften gesammelt hat.

Wahlkampf ohne Publikum

Ein weiteres Problem: Die Kandidaten kleinerer Parteien haben Mühe, wahrgenommen zu werden. Zum Beispiel werden sie nicht zu den Präsidentschafts-Debatten eingeladen. Die Präsidentschafts-Kandidatin der Grünen, Jill Stein, beklagte sich bei C-SPAN:

"Die beiden Kandidaten sind die unbeliebtesten der Geschichte. Wir verdienen offene Debatten, und danach verlangen die Amerikaner lautstark. Das Rennen ist noch nicht vorbei, wir kämpfen weiter für das Recht der Wähler, auch zu wissen, für wen sie stimmen können und was die wirklich wichtigen Themen sind, die diskutiert werden müssen."

Jill Stein

Um aufzufallen, müssen die Botschaften entsprechend knallig sein. Für Stein gehört dazu auf jeden Fall der Kampf gegen den Klimawandel, dessentwegen sie den "nationalen Notstand" erklären würde: "Wie wir es getan haben, als Pearl Harbour angegriffen wurde. Es hat damals nur sechs Monate gebraucht, die Wirtschaft komplett umzustellen, für Kriegszeiten."

Die vergessenen 40 Prozent

Stein konnte die Unbeliebtheit der beiden Spitzenkandidaten Trump und Clinton kaum ausnutzen. Das gilt auch für Gary Johnson von den Liberalen. Er steht in allen 50 Bundesstaaten auf dem Wahlzettel, erreichte in den meisten Umfragen den dritten Platz, aber weit abgeschlagen. Dazu beigetragen hat sein "Aleppo-Moment": In einem Interview konnte er nichts mit der syrischen Stadt anfangen. Später verteidigte er sich:

"Wenn wir Kandidaten danach beurteilen, wie gewissenhaft sie bei ausländischen Politikern und geografische Orten sind, dann werden wir weiter die Außenpolitik haben, die wir haben, seit dem ich lebe."

Gary Johnson

Johnson führt an, dass es mehr Amerikaner gibt, die sich als "Unabhängig" bezeichnen - laut Gallup sind das über 40 Prozent. Am Ende machen aber doch Republikaner und Demokraten die Wahl unter sich aus.

Unabhängige Kandidaten können den Wahlausgang aber durchaus beeinflussen. Beispiel: Die Wahl 2000. Es heißt, der grüne Kandidat Ralph Nader habe dem Demokraten Al Gore genau die Stimmen weggenommen, die ihm zur Präsidentschaft gefehlt haben. Es gewann der Republikaner George W. Bush.

Wie Evan McMullin am Ende doch Präsident werden könnte

Ein zugegeben mehr als unwahrscheinliches Szenario - aber nicht unmöglich: Wenn McMullin Utah gewinnt, und weder Trump noch Clinton die nötigen 270 Wahlmänner erreichen, um zum Präsidenten gewählt zu werden - dann fällt laut Verfassung dem Abgeordnetenhaus die Aufgabe zu, den Präsidenten zu wählen. Und dort könnte sich die republikanische Mehrheit dann theoretisch für Evan McMullin und gegen Donald Trump entscheiden. Rolf Büllmann, Washington


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Francesco, Sonntag, 30.Oktober 2016, 11:02 Uhr

2. Pest & Cholera

Noch nie habe ich gleich 2 solch schwache Kandidaten im US-Wahlkampf erlebt. Das einzig Positive, was ich dieser Tatsache abgewinnen kann ist zu hoffen, dass unserer Kanzlerin es endlich gelingt, ihre USA-Hörigkeit unter Clinton zu überdenken, ja vielleicht sogar ab zu stellen. Der deutschen Parteienlandschaft würde es sicher gut tun..... Und wenn sie dann noch erkennt, dass sie Europa nicht alleine retten kann, dann ist Weihnachten....

  • Antwort von Amatör, Dienstag, 08.November, 23:29 Uhr

    Die heutige Karikatur der SZ stellt dasselbe Motiv dar. Aber bevor Frau Dr. Merkel eine deutsche USA-Hörigkeit – oder überhaupt etwas – überdenkt, friert eher die Hölle ein, wie man in US sagt. Nicht, weil sie nicht denkt, sondern weil sie nur an ihre parteipolitische Karriere denkt, wie weiland ihr Ziehvater Helmut.

    Aber Deutschland will anscheinend gemerkelt sein, so wie die Türkei geerdo?ant sein will.

Carey Campbell, Samstag, 29.Oktober 2016, 16:56 Uhr

1. Gruenen

Danke. Unsere Familie hat fuer die Gruenen - Frau Dr. Jill Stein gewaehlt. Green New Deal ist ein Renner. Eco jobs. Money makers.