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Islamistenprozess in München Urteil wegen Terrorunterstützung gegen Ex-Fußballer und Prediger erwartet

Im Prozess gegen drei mutmaßliche Unterstützer einer islamistischen Terrorgruppe in Syrien könnte heute am Oberlandesgericht München das Urteil fallen. Angeklagt sind unter anderem ein Ex-Fußballer und ein in Bayern bekannter Salafisten-Prediger. Die Generalstaatsanwaltschaft fordert mehrjährige Freiheitsstrafen.

Von: Joseph Röhmel

Stand: 03.04.2018 | Archiv

Die wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie unerlaubtem Besitz von Kriegswaffen Angeklagten (hinten l, Mitte l und vorne l) und ihre Anwälte Dominikus Zettl (hinten r), Michael Hakner (Mitte r) und Jochen Thielmann (vorne r), sitzen und stehen am 09.11.2017 im Oberlandesgericht in München (Bayern) vor Prozessbeginn im Verhandlungssaal. Drei mutmaßliche Islamisten sollen die in Syrien operierende Terrorgruppe ««Junud Al-Sham»» unterstützt haben.  | Bild: pa/dpa/Sven Hoppe

Als Jugendlicher war Izudin J. aus Franken nach eigenen Erzählungen ein Kiffer und hörte Reggae-Songs. Im Drogenrausch will er angefangen haben, über den Sinn des Lebens nachzudenken. Dann entdeckte er den Islam für sich. Der 34-jährige Bosnier, der als Junge während des Balkankriegs mit seiner Familie nach Deutschland flüchtete, ist bei Polizei und Verfassungsschutz seit Jahren bekannt. Der Mann mit dem Vollbart gilt als ein aufstrebender Jungstar der salafistischen Predigerszene, war bis zu seiner Verhaftung im Nürnberger Raum und auch in München unterwegs. Zudem wirkte er in Nordrhein-Westfalen.

War Izudin J. Kopf der Gruppe?

In Internetvideos verbreitete Izudin J. Sätze wie, es sei "eine Pflicht die Ungläubigen zu hassen". Im Frühjahr 2017 wurde der Prediger schließlich im Großraum Nürnberg-Fürth verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Im November startete gegen ihn und zwei weitere Männer der Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Gemeinsam sollen sie in den Jahren 2013 und 2014 an die Terrorgruppe Junud al-Sham ("Die Soldaten Syriens") Jeeps und Krankenwagen geliefert haben. Das Urteil gegen die Männer mit Wurzeln im Balkan könnte heute fallen.

Die Generalstaatsanwaltschaft München fordert in allen drei Fällen mehrjährige Freiheitsstrafen: vier Jahre und zwei Monate für den Bosnier Izudin J., zwei Jahre und neun Monate für den 39-jährigen Kosovaren Mehdi D. sowie zweieinhalb Jahre für den 31-jährigen Bosnier Emil K.. Sie legt den Männern Terrorunterstützung und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zur Last. Die Generalstaatsanwaltschaft stützt sich unter anderem auf Zeugenaussagen und Erkenntnissen aus der Überwachung der Telekommunikation. Plädiert hat bereits der Verteidiger des Salafisten-Predigers Izudin J.. Er fordert Freispruch für seinen Mandanten. Die Verteidiger von Mehdi D. und Emil K. sollen heute ihre Plädoyers halten.

Alle drei Anwälte haben im Laufe des Prozesses angezweifelt, ob es sich bei der Junud al-Sham wirklich um eine Terrorgruppe handelt. Ihrer Ansicht nach könnte man ebenso schlussfolgern, dass die Gruppe einen berechtigten Widerstand gegen den Despoten Assad leistet. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München ist die Junud al-Sham aber "getrieben von radikal-islamistischen Anschauungen". Sie wolle unter Inkaufnahme ziviler Opfer, den Staat Syrien in seiner jetzigen Form zerschlagen und einen islamischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia errichten.

Der Salafisten-Prediger als Organisator

Zumindest Izudin J. soll ein großer Verehrer der Junud al-Sham gewesen sein. Es ist vorstellbar, dass der Salafisten-Prediger Kopf der drei Männer war, als diese laut Anklage Lieferungen nach Syrien zur Junud al-Sham organisierten. Auch von Nürnberg aus sollen diese Aktionen erfolgt sein.

Unter anderem äußerte sich im Laufe des Prozesses ein junger Mann vor dem Oberlandesgericht, der selbst in Syrien bei der Junud al-Sham gekämpft hat und nun als wichtiger Zeuge in vielen Prozessen gehört wird. Er habe, so die Aussage, Izudin J. zweimal getroffen - einmal in einer Schleuserwohnung in der Türkei und dann in Syrien selbst. Der Prediger habe sich um Geldbeträge gekümmert sowie um Kleidung, Essenslieferungen und Autos.

Respekt vor dem Salafisten-Prediger, so der Zeuge, habe er nie verspürt: "Von Leuten wie dem habe ich nie etwas gehalten. Sie reißen das Maul auf und gehen dann wieder. Zum Kämpfen nicht geeignet. Mit solchen Leuten wollte ich nie etwas zu tun haben."

Wie aus einem anderem derzeit laufenden Verfahren gegen zwei mutmaßliche Kämpfer der Junud al-Sham aus dem oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab hervorgeht, soll Izudin J. zudem Ausreisen deutscher Dschihadisten nach Syrien organisiert haben. So pflegte er dem Vernehmen nach eine enge Verbindung zu einem jungen Mann aus der Oberpfalz, der bis zu seinem Tod vor gut vier Jahren ein Trainingscamp der Junud al-Sham mit vielen deutschen Kämpfern, das sogenannte deutsche Haus, leitete.

Der Ex-Fußballer

Im Vergleich zu Izudin J. sollen sich die beiden anderen Angeklagten Mehdi D. und Emil K. inzwischen von der Salafisten-Szene gelöst haben. Die beiden Männer, die sich auf freiem Fuß befinden, erschienen zum Prozess stets mit gepflegtem Bart und im Anzug.

Der 31-jährige angeklagte Bosnier Emil K. spielte als Fußball-Torwart für bosnische Jugendnationalmannschaften. Nach Deutschland war er vor einigen Jahren gekommen, um hier Fußballprofi zu werden. Er schaffte sogar den Sprung zur SpVgg Greuther Fürth, wurde aber nur in der zweiten Mannschaft eingesetzt. Zudem war er für Mannschaften in der Oberpfalz aktiv: SV Seligenporten, ASV Neumarkt sowie SpVgg Weiden. Gleichzeitig soll er in dieser Phase Kontakte zu Salafisten in Bayern geknüpft haben.


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