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Razzia in der Türkei Cumhuriyet-Chefredakteur festgenommen

Die türkische Zeitung Cumhuriyet zählt zu den letzten regierungsunabhängigen Medien des Landes. Bei einer Razzia sind nun Chefredakteur Murat Sabuncu und weitere zwölf Mitarbeiter der Zeitung festgenommen worden. Es ist nicht das erste Mal, dass die türkische Justiz das Blatt ins Visier nimmt.

Von: Christian Buttkereit

Stand: 31.10.2016

Sicherheitsmann vor dem Gebäude der oppositionellen Zeitung Cumhuriyet  | Bild: dpa-Bildfunk

Die türkische Justiz geht weiterhin massiv gegen regierungskritische Journalisten vor. Bei führenden Mitgliedern der links-liberalen Zeitung Cumhuriyet gab es in der Nacht Hausdurchsuchungen. Nach Angaben der Cumhuriyet wurden die Wohnungen von Chefredakteur Sabuncu und drei weiteren führenden Mitgliedern der Zeitung durchsucht. Chefredakteur Sabuncu und Stiftungsvorstand Öz wurden in Gewahrsam genommen. Nach Angaben des Sender CNN-Türk wurden insgesamt 13 Haftbefehle gegen Mitarbeiter der Cumhuriyet ausgestellt.

Europarat und DJV besorgt

Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Freilassung der festgenommenen Cumhuriyet-Redakteure einzusetzen. Der DJV-Bundesvorsitzende Überall sprach von einem weiteren Schritt zur Austrocknung der spärlichen Reste von Pressefreiheit in der Türkei. Da dürfe die Politik nicht einfach zuschauen. Kritik kommt auch vom Europarat. Generalsekretär Jagland sagte, selbst beim Ausnahmezustand sei es höchst fraglich, ob die Razzia gegen Cumhuriyet als angemessene Maßnahme gerechtfertigt werden könne. Er verwies auf die Europäische Menschenrechtskonvention.

Die Nachrichtenagentur DHA und die regierungsfreundliche Zeitung "Sabah" berichteten, die Istanbuler Staatsanwaltschaft werfe der Leitung des Blattes vor, Straftaten zugunsten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen begangen zu haben. Die Regierung beschuldigt Gülen, für den Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan Mitte Juli verantwortlich zu sein. In der Türkei ist Gülens Bewegung wie die PKK als Terrororganisation eingestuft.

Vor dem Verlagsgebäude der Cumhuriyet in Istanbul versammelten sich zahlreiche Demonstranten, um gegen die Polizeiaktion zu protestieren. Abgeordnete der Opposition unterstützten die Proteste. Ihrer Meinung nach geht es der Regierung darum, kritische Medien mundtot zu machen. Seit der Verhängung des Ausnahmezustands im Juli hat die Regierung bereits zahlreiche kritische Medien schließen lassen.

Früherer Chefredakteur bereits verurteilt

Die Cumhuriyet ist eine der ältesten Zeitungen der Türkei und zählt zu den letzten regierungsunabhängigen Medien. Vor knapp einem Jahr war der damalige Chefredakteur, Can Dündar, wegen Spionagevorwürfen verhaftet worden. Er hatte aufgedeckt, dass der türkische Geheimdienst Waffen an islamistische Milizen in Syrien lieferte. Die Regierung warf ihm daraufhin Geheimnisverrat vor. Dündar wurde zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Der Fall hatte weltweit viel Aufmerksamkeit erregt und zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen geführt.


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